50 SOLOALBEN: Vom Klassiker zum Geheimtipp
Von Brittany Howard bis Beyoncé: Wir werfen einen Blick auf 50 bemerkenswerte Soloalben.
John Foxx
METAMATIC
1980
Um seiner soeben vom Label gedroppten Band Ultravox den Weg in die Charts zu ebnen gab John Foxx nach einer selbstfinanzierten US-Tour 1979 seinen Platz am Mikro an Midge Ure ab. Zwei der Songs, die die Band damals im Programm hatte, „Touch And Go“ und „He’s A Liquid“ sollten im Januar 1980 ihren Weg auf sein Solodebüt finden. Der Einfluss der Sci-Fi-Bücher J.G. Ballards zeigt sich überall auf dem Album, das Themen wie Entfremdung und Isolation in sterilem Minimal-Synthie-Pop verhandelt. Heute mag Foxx im Schatten des artverwandten Gary Numan stehen, doch damals ritt er auf METAMATIC hoch auf der Darkwave, die die 80er überschwemmte. Einen enormen Richtungswechsel legte er schon 1981 mit dem Nachfolger THE GARDEN hin, auf dem er klassische Analog-Instrumente wie die Gitarre gedeihen ließ. (Stephan Rehm Rozanes)
Peter Gabriel
PETER GABRIEL
1980
Zwei Jahre Zeit ließ sich Peter Gabriel nach dem Genesis-Split. Vier identisch selbstbetitelte Alben ab 1977 zeigten einen Musiker mit Hang zum Experimentieren sowie ein Händchen für den einen oder anderen Hit. Sowohl in englischer als auch in exotischer deutscher Version stand Gabriel in Kooperation mit dem Produzenten Steve Lillywhite. 1980 konzipierte er seine dritte LP, die in den Verkaufsregalen landete. Im Chor des Nursery Rhymes „Games Without Frontiers“ jubilierte die empathische Kate Bush. „Biko“, eine Hommage an den Anti-Apartheids-Aktivisten Steve Biko, entwickelte sich zu einer Dauerpräsenz in Gabriels Live-Repertoire. Lillywhite, der Soundtüftler, sowie Hugh Padgham und Phil Collins entwickelten im Verlauf der Sessions den „Gated Drum Sound“, zu hören im dramatischen Opener „Intruder“. Ein Effekt, den sowohl Collins als auch Genesis in den 80er-Jahren häufig nutzten. (Mike Köhler)
Ozzy Osbourne
BLIZZARD OF OZZ
1980
Im Jahr zuvor sahen die von Koks und Alkohol zerfressenen Black Sabbath ihre einzige Chance auf Überleben im Rauswurf ihres noch viel kaputteren Sängers. Gedemütigt wollte Ozzy Osbourne es seiner alten Band zeigen. Nachdem er an deren letzten Aufnahmen wenig Interesse gezeigt hatte, wuchs er 1980 über sich hinaus und legte eines der gefeiertsten Heavy-Metal-Alben hin. Die den Kalten Krieg thematisierende Leadsingle „Crazy Train“ gilt als Meilenstein des Genres. Allein in den USA verkaufte sich das Album mehr als fünf Millionen Mal. Überschattet wurde es von der Klage der Eltern eines Teenagers, der sich umgebracht hatte, nachdem er angeblich „Suicide Solution“ gehört hatte. Dabei hatten Osbourne und Co-Songwriter Bob Daisley vor allem über Osbournes Drogensucht geschrieben. Die Klage wurde fallengelassen. 1985 kehrte Osbourne im Rahmen von „Live Aid“ erstmals zu Black Sabbath zurück. (Stephan Rehm Rozanes)
Diana Ross
DIANA
1980
Nach ihren zwei selbstbetitelten Alben von 1970 und 1976, sowie ihrem 1978er-Werk „ROSS“ (1979 gefolgt von „THE BOSS“), lag der Titel der nächsten Platte der ehemaligen Supremes-Vorsängerin nahe: „DIANA“. Dank der drei Monsterhits „Upside Down“ (das als Sample im Puff-Daddy-Remix von MC Lytes „Cold Rock A Party“ 1996 die Welt mit Missy Elliott vertraut machte), „I’m Coming Out“ (welches Puff Daddy wiederum für „Mo’ Money Mo’ Problems“ von The Notorious B.I.G. sampelte) und „My Old Piano“ wurde es zum erfolgreichsten Album ihrer Karriere. Mit der Verpflichtung von Nile Rodgers als Produzenten erfand Ross auch einen Großteil der 80er. David Bowie, Duran Duran, Debbie Harry, Mick Jagger, INXS und zahllose weitere sollten ihrem Beispiel folgen und mit Rodgers‘ Chic-en Funk-Licks reüssieren. (Stephan Rehm Rozanes)
Alan Vega
ALAN VEGA
1980
Nach zwei Alben lag 1980 das Pionier-Elektro-Duo Suicide auf Eis. Sänger Alan Vega pickte Gitarrist Phil Hawk. Aufgezeichnet in den New Yorker Skyline-Studios, enthielt das Debüt den von Suicide bekannten Genremix aus Minimalismus und Wüstheit samt Vegas gedehnt-gezischtem Gene-Vincent-Sprechgesang. Hawks rock’n’rollige Mutanten-Rodeo-Gitarre und ein dezenter Drum-Computer ersetzten Martin Revs Elektro-Drone. Garniert mit Handclaps, Fingerschnippen und Zungenschnalzen schickten einen der Western-Rockabilly von „Fireball“, „Speedway“ und „Kung Foo Cowboy“ zurück in die 50er Jahre – konterkariert von Balladendramen („Lonely“, „Love Cry“), einer herrlichen Dylan-Persiflage („Ice Drummer“) sowie dem neunminütigen Parforceritt „Bye Bye Bayou“ in die gespenstigen Sümpfe Louisianas. (Mike Köhler)
Alex Chilton
LIKE FLIES ON SHERBERT
1979
Wer Big Star vor allem wegen ihrer klaren Melodien geschätzt hatte, dürfte von dieser Platte enttäuscht gewesen sein: Chiltons Solodebüt ist räudig produziert. Seinerzeit war die Kritik mäßig begeistert, im Nachhinein macht es gerade wegen seiner Zerfaserung Spaß: Das eigentlich messerscharfe „Boogie Shoes“ von KC & The Sunshine Band wird von hoffnungslos übersteuerten Gitarrenlicks zerstört, auch die weiteren Songs, die Hälfte davon Coverversionen, sind eigenartig angesägt. Aber in all diesem Lärm finden sich dann eben doch Juwelen wie der kleine, schmierige Boogie „Hey! Little Child“ oder „My Rival“, dessen Noise-Attacken übrigens (unter anderem) aus einem Moog kommen, den weder Chilton noch sein Produzent, der große Jim Dickinson, auch nur ansatzweise beherrschten. (Jochen Overbeck)