5 Fragen An Frank Spilker
Der Hamburger über die "neue Richtung" seiner Band DIE STERNE, eine Trennung wegen künstlerischer Differenzen, die Ereignisdichte auf dem Danceßoor im Vergleich zum Popsong. Und Erziehung.
1.
Mal so gefragt: Ey, warum macht ihr’n jetzt Techno?
Ich finde, die interessante Entwicklung im Bereich – in Anführungsstrichen- „Techno“ sind Bands wie LCD Soundsystem und WhoMadeWho, die vom Laptop kommen und so akustisch klingen, dass man gar nicht sagen kann: Ist das jetzt ein Elektronikprojekt oder ’ne Band? Und da wo die Grenze verschwimmt, find ich ’s grade am interessantesten. Wir haben Arrangements gemacht, die mehr einer Track-Logik folgen – wo alles doppelt so lang ist, quasi – dieses Repetitive, Langsame. Innerhalb dieser Track-Logik haben wir verschiedene Bezugspunkte gefunden. Einer ist Krautrock, ein Stück klingt wie Doors – so ein 5/4-Takt mit Gitarrenflächen. Aber alle Stücke haben gemein, dass sie nicht einer Drei-, sondern einer Sieben-Minuten-Logik folgen.
2.
Drei Jahre nichts von den Sternen, jetzt diese sehr dancefloorige EP Wolltet ihr die Fans aufschrecken?
Ja, es soll schon wach machen, nach acht Alben – „Hoppla, was machen die denn jetzt?“ Wir haben uns vor drei Jahren vorgenommen, uns jetzt Zeit zu lassen, um ästhetisch etwas wegzukommen von unserem letzten Album KÄLBER UND GEDÄRM. Das war toll, aber wir wollten nicht noch mal so ein Album machen. Es musste ganz woanders hingehen. Und dazu musste Zeit vergehen wenn man ein Jahr nach einer Platte gleich eine neue macht, steckt da noch viel von der vorherigen drin. Wir hatten aber immer wieder Sterne-Proben und suchten nach einer Idee, einem Blueprint. Den hatten wir irgendwann – das Stück heißt „Convenience“ und bewegt sich an der Schnittstelle zwischen Grooverock, an dem wir uns früher ja viel orientiert haben – Sly Stone und so -und, na ja, Techno, Rave. Ich habe engen Kontakt mit Erlend 0ye. Wir haben uns 2004 auf Tour kennen gelernt und eine Interessenverwandtschaft entdeckt. Wir können uns gut und lange unterhalten über Song- und Clubkultur und Versuche, sie zusammenzubringen. Ich bilde mir ein, dass ich The Whitest Boy Alive mit auf den Weg gebracht habe – wenigstens habe ich ein Riff zu ihrer ersten Platte beigetragen.
3.
Und was war der Grund für den Ausstieg von Richard von Schulenburg?
Richard war als Sterne-Keyboarder immer etwas unterfordert – wirklich intensiv verfolgt hat er seine Theatersachen. Bei deF Gomma-Single jetzt gefiel es Richard schon nicht, dass da noch ein anderer Keyboard spielt
-(GommaChef und
4.
Produzent) Mathias Modica hat stark künstlerisch mitgearbeitet. Nach vier, fünf Tagen hatten wir dann ein Ergebnis. In dieser Zeit war Richard immer stummer geworden, wir immer begeisterter. Irgendwann meinte er. „Ich finde das alles scheiße, wir können das nicht machen.“ Und wir mussten uns entscheiden: Alles abblasen und eine Platte machen wie RÄUBER UND GEDÄRM – das wollte Richard gern – ging für uns drei einfach nicht. Es war klar, dass es besser ist, wenn wir getrennt weitermachen. Es war auch wirklich nicht im Streit. Es war einfach klar.
Die neuen Songs haben Sterne-untypisch knappen Text. Kommt das mit der Form?
Wir haben uns ein Echogerät gekauft, haha! Eben die Track-Logik: Die Empfindung von Ereignisdichte auf dem Dancefloor ist anders als beim Drei-Minuten-Song. Das zwingt einen, langsamer zu werden, was das Liefern von Information angeht. Wir haben ja auch diese Hip-Hop-Geschichten wie „Swinging Safari“, wo der Text zum Rhythmusinstrument wird – schnelles Singen, hohe Ereignisdichte. Und dann gibt es dieses (ahmt dubbiges Echo nach) „Und du … und du… du … Wo bist du?… bist du … du?“ Die Worte kriegen eine andere Bedeutung, im musikalischen Sinn. Mit wenigen Worten eine Geschichte zu erzählen interessiert mich im Moment mehr als dieses Vielerzählen. Dieses Gelaber.
5.
Es gibt aber weiterhin deutliche Ansagen. In „Neblige Lichter“ geht’s um Nonkonformismus und die Forderung „Erzählt’s euren Kindern (..) Ich mache nicht mit.“ Setzt du das in der Erziehung deiner Kinder um?
Das wird ja schon seit den 60ern diskutiert: Machst du deine Kinder zu kleinen Befehlsempfängern oder erlaubst du ihnen zu widersprechen, damit sie so etwas wie Autonomie entwickeln können? Ich stehe mit dem, woran ich glaube, im konkreten Konflikt mit dem, woran zum Beispiel die Lehrer meiner Kinderglauben. Die Kindersie sind so um die 13 – müssen diesen Konflikt so ein bisschen austragen. Die erleben unterschiedliche Wertesysteme und müssen damit klarkommen. Das ist schwierig, da muss man ihnen sehr helfen. Wobei ich schon auch manchmal denke: Kann ich das selber erfüllen, was ich da fordere? Kann man „nicht mitmachen“? Das ist schon auch eine Illusion. Aber da bin ich Popmusik-Fan genug, um zu sagen: Illusionen tanzt man. Um überhaupt zu wissen, was man will. Das muss nicht morgen Wirklichkeit werden, aber ich find’s wichtig, den Wunsch zu formulieren.