Kolumne

Paulas Popwoche: Ush, Ush, Ush


Paula Irmschler über den Super Bowl, Beyoncés ACT II, „We Are The World“, „Priscilla“ und Tracy Chapman.

Party der Woche: bei Usher

Grammys, Schmammys, Karneval, Skarneval, Nubbelverbrennung, Schnubbelverbrennung, die gängigen Feten-Anlässe schocken mich nicht mehr. Zuverlässig ekstatisch werde ich allerdings jedes Jahr im Zuge der SUPER BOWL HALFTIME SHOW. Und wenn ich vom jeweiligen Act so Fan bin, wie ich es seit immer von Usher bin, gibt es kein Halten mehr. Und er lieferte. Es wurde getanzt, geskatet, sich ausgezogen, es gab on top Alicia Keys, H.E.R., Ludacris, Lil Jon und wasweißich wen noch. Usher hat jedes Meme über sich nachgespielt, wie er sein Shirt lugte, wie er den creepy R’n’B-Männertanz an Keys vollzog, dann noch sein Wackeltanz, der schon vor Monaten im Netz rumging, alles super, alles richtig, alles geil. Außerdem grüßte er noch seine Mama und sagte seinen Hatern, dass sie Unrecht hatten, als sie sagten, er würde es nie schaffen (wann soll das gewesen sein, Usher, du bist berühmt, seit du 15 bist?). Ach, und dann gab es noch diesen Vorfall. Alle, die den Super Bowl live oder die Halbzeitshow am Morgen danach sehr früh gesehen haben, werden es mitbekommen haben.

Taylor Swift: Jeder Fünfte glaubt an Präsidenten-Verschwörungstheorie

Leider stahlen Taylor Swift und ihr Freund wieder die Show. Juhu, Swift hatte es nämlich geschafft, rechtzeitig zum Spiel zu kommen, ist mit ihrem Privatjet um die halbe Welt geflogen, was uns allen jetzt wieder ein paar Lebensjahre auf unserem Planeten klaut, Danke, Swift! Seit ihr Freund mit seiner Mannschaft den Super Bowl gewonnen hat, sagen alle, das Paar hätte die Macht, die USA komplett umzudrehen und Trump zu verhindern und, naja, cool, Joe Biden wieder zum Präsidenten zu machen. Mega. Wow. Joe Biden. Die Welt ist gerettet.

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Ankündigung der Woche: von Beyoncé

Taylor Swift bringt ihr 78. Album raus, who cares (okay, wir alle), aber spektakulärer ist Beyoncés kürzliche Countryalbum-Ankündigung. Witzig, ich wollte mit Anfang 40 auch ein Countryalbum rausbringen! Geschickt eingefädelt hat sie die Ankündigung in einen Werbespot verflochten, der zum Super Bowl lief, damit alle schon vorher dran verdienen. Der Kapitalismus ist einfach so krass.

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Sofort hat sie auch zwei Songs geliefert, „Texas Hold ‚Em“ und „16 Carriages“ – die sind schon mal ganz gut. Wohl eher Grower. Aber sie werden growen, das ist bei Beyoncé immer so. Ich verharre erstmal bei „Daddy Lessons“ aus dem Jahre 2016, seit dessen Release wir Fans auf dieses Countryalbum warten. Hier in der Liveversion mit den Chicks.

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Nacht der Woche: die, in der „We Are The World“ entstanden ist

Dieses Lied hat mich auf einigen Ebenen sozialisiert, zum Beispiel musikalisch und sexuell. Einerseits habe ich durch es – es lief früher ständig auf Onyx.tv – so viele tolle Musiker:innen kennengelernt, andererseits Bruce Springsteen. Seitdem bin ich obsessed mit dem Song und seiner Entstehungsgeschichte. Dementsprechend angegeilt war ich, als ich erfuhr, dass Netflix eine Doku darüber raushauen wollte. Und da ist das Ding nun endlich: „The Greatest Night in Pop“ erzählt die Nacht nach, in der „We Are The World“ entstand. Und es ist alles noch viel verrückter und schöner, als man bisher erahnen konnte.

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Wie Lionel Richie, Quincy Jones und Michael Jackson versuchen, die gaggernden Leute zusammenzuhalten, erinnert an ein linkes Plenum. Bob Dylan ist süß aufgeregt, Stevie Wonder der Gruppenkasper, aber halt auch das Genie, Diana Ross will am Ende gar nicht mehr gehen, weil alles so schön ist und dann gibt es noch diese unglaubliche Szene, in der gefühlt 100 Superstars vor den Augen von Harry Belafonte anfangen, seinen Hit Banana-Boat anzustimmen und ganz überwältigt von ihren eigenen Harmonien sind.

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Was natürlich nervt, ist die bis heute anhaltende Verklärung des Songs (also von „We Are The World“) als altruistisches Projekt, das dem sogenannten Welthunger irgendwas entgegengesetzt hätte. Aber dieser Irrglauben hängt ja an so gut wie jeder Art von Charity. Besser wäre gewesen, die Künstler:innen hätten mit dem Song aufgefordert, sich bis zum Geht-nicht-mehr versteuern zu lassen, aber man kann wohl nicht alles haben, was.

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Film der Woche: der über Priscilla

Weil er mich schon länger auf der Startseite eines Streamingportals „anlachte“, griff ich dann doch mal zu – der Elvis-Film „Elvis“ wurde angeguckt. Er ist nicht so doof und langweilig wie ich erwartet habe, schließlich bin ich null Fan vom King of whatever, finde ihn und seine Fans sogar eher abtörnend, alles daran ist mir irgendwie zu sackig. Schauspieler Austin Butler sagt mir auch nicht zu, aber am Ende guck ich eh immer alle Musik-Biopics. Zum Glück wurde aber im Film ziemlich prominent thematisiert, wie sehr sich Elvis und Konsorten an Schwarzen Künstler:innen bedient haben, dafür ist dann aber genau diese, also die weiße Perspektive der Geschichte auch eher langweilig, weil die andere Seite interessanter ist. Davon ab ist das alles toll anzusehen, es ist ein Feuerwerk der Farben, jede Szene ist liebevoll vollgeballert wie eine Collage. Wie auch in diesem Fall ein junger Künstler ausgebeutet wurde, kann man nicht oft genug erzählen, wobei auch hier nicht die strukturellen Probleme im Fokus stehen, sondern wie so oft, Einzelne. Diesmal ist es der fiese Manager, natürlich muss er auch im Film unbedingt dick sein (verkommen), Tom Hanks steckt zu diesem Anlass im Fatsuit (wann werden Fatsuits endlich von der Woke-Bubble verboten), mit seiner Zigarre und seinem Hut wirkt er dann auch wirklich wie die hängengebliebenste Kapitalisten-Karikatur.

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ANYWAYS.

Der viel bessere Film ist nämlich „Priscilla“ (von Sofia Coppola), der hierzulande Anfang Januar in die Kinos kam. Er wirkt wie eine Ergänzung zum „Elvis“-Film, aber eine, die ihn dann doch überschattet. Es geht um Priscilla Presley, Elvis’ Frau, die er kennengelernt hat, als sie gerade einmal 14 war und seitdem gegroomt hat. Während die Geschichte im Elvis-Film kaum Raum bekommt – Priscilla taucht dort dann einfach auf, verführt Elvis, bleibt da, die beiden wirken wie ein gleichberechtigtes Paar –, bekommt sie ihn hier endlich. Gruselig ist das Ganze auch, weil die Schauspielerin Cailee Spaeny wirklich so jung aussieht, wie Priscilla damals war.

„Priscilla“: Zu viele lose Andeutungen, zu wenig Handlung

Es ist schmerzhaft zuzusehen, wie ein verliebtes Mädchen, das gleichzeitig auch Fan ist, in diese Welt von Elvis übersiedelt und sich nicht zu einer eigenständigen Person entwickeln kann, sondern wie eine Puppe behandelt und ständig in seine Schranken gewiesen wird. Die Bildsprache ist zurückhaltend, alles ist zaghaft, behutsam, langsam. Dadurch und weil man die ganze Zeit sehr nahe bei ihr ist, wird sehr gut deutlich, wie vorsichtig Priscilla in ihrer Beziehung vorgehen muss, um Elvis nicht zu verärgern, um nicht angeschrien oder mit Verlassen bedroht zu werden. „Tiptoeing“, nennt man das Phänomen, wer’s kennt, wird diesen Film regelrecht atmen.

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Comeback der Woche: das von Tracy Chapman

1988 machte „Fast Car“ Tracy Chapman weltberühmt. Letztes Jahr war eine Cover-Version davon in allen Ohren (leider). Und zwar war es die Version von Luke Combs, einem Countrysänger. Es ist eine Version, bei der man sich fragen kann, wieso es diese geben muss, egal, wie lieb der Interpret wirkt – und er wirkt megalieb. Sie fügt der bekannten im Grunde nämlich nichts Neues zu, wieso soll man also nicht einfach das Original hören? Aber jetzt, seit den Grammys, ergibt doch alles Sinn. Da performen Chapman und Combs (klingt sowieso wie ein legendäres Singer/Songwriter-Duo) das Lied nämlich zusammen. Es ist total bezaubernd. Und siehe da, seitdem stürmt Chapmans Version wieder die Charts. YES!

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Man gönnt ihr halt einfach alles. Kann sie nicht Trump verhindern? Und Joe Biden? Und ein bisschen auch Taylor Swift und Travis Kelce?

Was bisher geschah? Hier alle Popkolumnentexte im Überblick.

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