11 Fakten Über Shoegaze


1. Der Sound ist König

Mit dem Begriff „Shoegazer“ werden ursprünglich jene britischen Bands der späten 80er-/ frühen 90er-Jahre bezeichnet, deren schwebende, melancholische Songs sich fortwährend in aufgebauschten, dröhnend lauten und brachial verzerrten Gitarrenwolken verlieren. Die bekanntesten heißen My Bloody Valentine, Ride, Slowdive, Lush, Swervedriver, Pale Saints, Chapterhouse, Moose, Catherine Wheel, Curve sowie The Boo Radleys und The Verve in ihren Anfangstagen. Auch in Klang und Stil verwandte Bands wie die Spacemen-3-Nachfolger Spiritualized oder die elektronischen Ambient-Forscher Seefeel werden zuweilen mit diesem Etikett bedacht.

2. Eine Verunglimpfung wird zur Genre-Bezeichnung

Wieder einmal entspringt mit dem Begriff „Shoegazer“ ein gebräuchlicher Pop-Terminus dem fabulierungsfreudigen NME: Ein Autor des Magazins (der hierbei allerdings vom britischen Konkurrenzblatt „Sounds“ abschreibt) macht sich lustig darüber, dass die in sich gekehrt musizierenden, frontmannfreien Bands des Genres auf der Bühne ausgiebig auf ihre mit den Füßen zu bedienenden Effektgeräte starren.

3. Zubehör-Hersteller jubeln ihnen zu

Effektgeräte, die zwischen Gitarre und Verstärker geschaltet werden, um den genretypischen Wall of Sound zu erzeugen, sind: Distortionpedal, Wah-Wah, Lautstärke-Pedal sowie ein Midi-Foot-Controller zur Bedienung einer Multi-Effekteinheit mit vielen weiteren Echo-, Phaser-, Flanger-, Reverb- usw. Sounds.

4. Ihre Lehrmeister waren so alt wie ihre großen Brüder

Die Einflüsse des Shoegazing-Sounds reichen von The Velvet Underground und The Byrds bis hin zu den Ambient-Lehren Brian Enos. Die eindeutig größten, weil direkten Vorbilder aus den 80ern sind jedoch die Noise-Heroen The Jesus And Mai y Chain, Sonic Youth, Hüsker Du und Dinosaur Jr., Gitarrist Johnny Marr (The Smiths) und die schottischen Dreampop-Pioniere Cocteau Twins.

5. Die Irrsten waren die Iren

Als Besessensteund gleichzeitig Klassenbeste gehen My Bloody Valentine aus Dublin 1988 mit ihrem Albumdebüt ISNT ANV-THING voran und schaffen in der Ewigkeit von zwei Studio-Jahren (was ihr Label Creation fast in den Bankrott reißt) mit dem Nachfolger LOVELESS 1991 das Genre-Meisterwerk. Ein Album, dessen kompromisslose Soundästhetik und Songstruktur weit über das gemeine Shoegazing hinausweist.

6. Die beiden wichtigsten nicht- gazenden Gazer hießen Alan

Alan Moulder, der als Engi neer von AUTOMATIC (1991) schon eine beachtliche Transparenz aus dem Lärm von The Jesus And Mary Chain herausgearbeitet hat, verdingt sich als Produzent, Toningenieur und Mixer beinahe jeder wichtigen Shoegazing-Band, beeinflusst deren Sound maßgeblich und empfiehlt sich dadurch für weitere Auftraggeber wie The Smashing Pumpkins und Nine Inch Nails. Der spätere Oasis-Entdecker Alan McGee leitet das schon in den 80ern wegweisende Creation-Label, auf dem die wichtigsten Gazer veröffentlichen.

7. Sie waren keine Konkurrenten, sondern (Sauf-)Kumpels

„The Scene That Celebrates Itself“ nennt der Melody Maker 1990 jene Bands, die sich regelmäßig in Camden treffen, gegenseitig ihre Konzerte besuchen und gemeinsam musizieren. Zu ihnen gehören neben einschlägigen Shoegazern Mitglieder von Blur, Elastica und Pulp. Die einen wird die Grungewelle nach drei, vier Jahren fortspülen, die anderen bereiten das Goldene Zeitalter des Britpops vor. Andy Bell schafft den Sprung von einem Trend zum anderen: Vier Jahre nach dem Ende von Ride wird er der neue Bassist von Oasis.

8. Die britsche Musikpresse war insgesamt nicht so begeistert

Die i ntrovertierte bis wehleidige Vortragsart der Shoegazer und ihre ätherischen Soundideen kommen bei der britischen Presse nicht so gut an. Ihnen wird eine ausschweifende, überhebliche, eben typische Middle-C/ass-Haltung unterstellt. Erst der bedrogte Madchester-Quatsch, dann diese weichgesichtigen Schall-Eskapisten und schließlich auch noch die Grunge-Invasion – die frühen 90er sind wahrlich keine einfachen Zeiten im britischen Klassenkampf um den Pop.

9. Aber Richey Edwards konnte sich so richtig reinsteigern

Und so gab der verschollene Manie Street Preacher zu Protokoll: „Ich werde Slowdive allezeit mehr hassen als Hitler!“

10. In Regensburg gibt es einen Shoegazing-Förderverein

Genauer gesagt einen „Verein zur Förderung wenig bekannter Musik im Bereich Shoegazing und Noise-Pop“. Er wurde im Zuge des aktuellen Shoegazing-Revivals gegründet, um Bands Auftrittsmöglichkeiten zu geben und eine entsprechende Partyreihe auf finanziell sichere Beine zu stellen.

11. Ein Revival findet (nicht) statt

Auch wenn der Genrebegnff wieder an Bedeutung gewonnen hat, weii er die Musik neuer Bands wie The Pains Of Being Pure At Heart trefflich beschreibt und auch jenseits von Regensburg Shoegazing-Partys veranstaltet werden (z. B. der „Ist German Shoegaze Weekender“ in Hamburg), taugt Shoegaze nur bedingt zum Revival: Bands wie Sigur Ros, Mogwai und Black Rebel Motorcycle Club haben das Erbe schon in den 90ern weitergetragen und -entwickelt. Undals „Newgaze“ definiert urbandictionary.com bereits ein „Spät-90er-/Früh-00er- Musikgenre“ also Acts wie The Radio Dept., Asobi Seksu und M83.