11 Fakten über die Vinyl-LP


1 Die Vinyl-LP wird 60! Indirekt, aber maßgeblich befördert wurde die Einführung der Vinylschallplatte durch die Japaner. Aber nicht durch deren Unterhaltungsindustrie, wie später bei der CD, sondern das Militär. Das besetzte im Zweiten Weltkrieg ab 1940 weite Teile Südostasiens, Heimat der Lackschildlaus und bis dato Hauptexporteur von Schellack an den Kriegsfeind USA, wo man sich der Nachteile des brüchigen Materials zur Schallplattenproduktion ohnehin bewusst war und sich nun verstärkt auf die Suche nach einem Ersatz machte.

2 Es ist einfach PVC. Polyvinylchlorid, kurz Vinyl („Ich hab die neue Radiohead auf Vinyl“ hört sich einfach cooler an als „Ich hab die neue Radiohead auf PVC“), wurde 1912 von dem deutschen Chemiker Fritz Klarte patentiert und seit Ende der 20er im großen Stil hergestellt. Nach 1945 war PVC der meistproduzierte Kunststoff der Welt, der für alles mögliche verwendet wurde – bald auch für Schallplatten. Für diese wird das farblose Material gemeinhin schwarz, gern aber auch mal bunt eingefärbt.

3 Bereits 1930 brachte RCA Victor die ersten kommerziellen Langspielplatten aus Vinyl heraus, die sich aber nicht durchsetzten, schon aufgrund des Fehlens von erschwinglichen Abspielgeräten. Zu den Ersten, die sich Vinylplatten reinzogen, zahlten die US-Soldaten im Zweiten Weltkrieg: Platten – meist noch mit 78 rpm – für den Export an DJs zur Truppenbeschallung wurden bevorzugt auf Vinyl gepresst, um Schäden beim Transport zu minimieren.

4 Am 21. Juni 1948 stellte Columbia in New York die 12-Inch-Vinyl-Langspielplatte mit 331/3 Umdrehungen pro Minute (kurz: rpm = revolutions per minute) und 23 bis zu 30 Minuten Spielzeit pro Seite vor. Das neue Material ermöglichte durch die Mikrorillen-Technologie mit weitaus enger laufender Rille und bei weniger materialbedingten Störgeräuschen eine viel niedriger Drehzahl und somit höhere Spielzeit als die spröde Schellackplatte mit ihren großen Rillenabständen und 78 rpm.

5 Die Idioten, die 1966 nach John Lennons „More populyr than Jesus“-Zitat ihre Beatles-Alben auf öffentlichen Verbrennungsplätzen in die Flammen warfen, setzten sich schweren Gesundheitsbelastungen aus. Beim Verbrennen von PVC entstehen u.a. ätzendes Chlorwasserstoff-Gas und die hochgiftigen polykondensierten Aromate Benz(a)-Pyren, Pyren und Chrysen. Ein guter Grund mehr also, Feuersbrünste von der LP-Sammlung fernzuhalten.

6 Der Ausdruck „Album“ geht auf die deutsche Firma Odeon zurück. Die veröffentlichte 1909 Tschaikowskis „Nussknacker-Suite“ auf vier Schellack-Platten, die erstmals in einer speziell designten, buchartigen Verpackung steckten-üblich für Platten waren damals einfache Papierhüllen. Seit den 20er-Jahren wurden gebundene Sammelordner, so genannte „record albums“ angeboten, in denen Sammler ihre Schellacks verstauen konnten. Seit den 30em wurde der Ausdruck für Veröffentlichungen von 78er-Sets mit Stücken eines bestimmten Künstlers oder Genres verwendet – als solche Song-Sammlungen dann seit 1948 auf einer einzigen LP Platz fanden, blieb der Ausdruck „Album“ haften.

7 Die bis heute standardisierte Umdrehungszahl für Langspielplatten kommt von den Schellackplatten, die ab 1926 für die Tonaufzeichnung zu den ersten Tonfilmen produziert wurden. Eine solche Platte (mit 16″ Durchmesser) hatte bei einer Geschwindigkeit von 331/3 rpm (statt der üblichen 78) die gleiche Spielzeit – ca. elf Minuten – wie eine Rolle Film, zu der sie synchron abgespielt wurde.

8 „The Battle Of The Speeds“ ist kein Film mit Tom Cruise. Auf die Einführung der i2″/33er-LP durch Columbia reagierte RCA Victor mit der Vorstellung der 7″-Scheibe mit 45 rpm, die als Konkurrenzformat gedacht war; Songsammlungen sollten hier verteilt auf mehrere Scheiben in einem – da tauchte der Begriff wieder auf- „Album“ verpackt in den Handel kommen. Nach einem zweijährigen Formatkrieg (vgl. VHS vs. Video 2000 in den 80ern), dem „battle of the speeds“, siegte der Pragmatismus, und beide Firmen begannen, beide Plattengrößen zu produzieren – wobei die 45er als „Single“ an Popularität im aufkeimenden Rock’n’Roll gewann.

9 Man kann das mit den Drehgeschwindigkeiten auch leger handhaben. Der kanadische New-Waver Nash The Slash veröffentlichte 1981 auf der 12″ decomposing vier Instrumentals, die so angelegt und produziert sind, dass sie sowohl auf 33 1/3, 45 als auch 78 Umdrehungen „funktionieren“.

10 Deine Strokes waren unter Umständen mal eine Fußmatte. Oder Phil Coilins. Die meisten LPs werden aus recyceltem Vinyl hergestellt, was durch Verunreinigungen Qualitätsschwankungen nach sich ziehen kann. Audiophile Plattensammler schwören auf Pressungen auf unrecyceltem „Virgin Vinyl“, am liebsten in großzügig bemessenen Stärken von 180 Gramm bis 220 Gramm Plaste pro Quadradmeter Material. Für den Massenmarkt wurden seit Ende der 70er-Jahre Platten in Leichtgewichtsstärken von 125 g/m 2 produziert.

11 Die Klangtreue der Wiedergabe verringert sich im Laufe einer Plattenseite gleichmäßig graduell um bis zu 60 Prozent: Legt die Nadel am Anfang der Platte an deren äußeren Rand noch 51 cm Rille pro Umdrehung – also in 1,8 Sekunden – zurück, sind es gegen Ende einer voll ausgenutzten Seite mithin nur noch ca. 20 cm in 1,8 Sekunden. Flitzt die Nadel also am Anfang noch mit 1,02 km/h in der Rille dahin, sind es gegen Ende nur noch 0,5 km/h und weniger. Die Folge ist eine geringere „Auflösung“, die sich besonders auf die hohen Frequenzen einer Aufnahme negativ auswirkt.