1000 Jahre sind ein Tag
Yamelo.com präsentiert ein halbes Jahrhundert Musikgeschichte in bewegten Bildern: Februar 1969? Ein Click!
März 1999? In den USA lief Lauryn Hills „Ex-Factor“ auf allen Kanälen, in Deutschland Offsprings „Pretty Fly (For A White Guy)“. März 1977? In Deutschland Frank Zanders „Oh Susie“ (ein perverser, nicht lustiger Song über Unternehmungen, die der Ich-Erzähler mit einer 14-Jährigen veranstaltet), in England David Bowies „Sound & Vision“.
Yamelo.com ist eine der großartigsten Erfindungen seit geschnittenem Brot: Die Seite filtert Musikvideos von YouTube nach Jahren und Monaten. Über eine Zeitleiste lässt sich für jeden Monat der letzten knapp 50 Jahre abfragen, was in Deutschland, England, den USA, den Niederlanden und Japan (wobei hier die Ergebnisse in Schriftzeichen dargestellt werden) populär war. Los geht’s 1960. In Deutschland hatte Freddy Quinn einen Hit mit „Unter fremden Sternen“ – das Video dazu zeigt Quinn mit weißen Haaren, wie er den Song im AMERICAN-RECORDINGS-Stil nur mit einer Westerngitarre vorträgt. Im April 1965 freute man sich in den USA über eine höchst sonderbare TV-Produktion: Herp Albert (siehe S. xx) inszenierte zu seinem Instrumental „Whipped Cream“ ein kurioses Tanzstück für zwei Dutzend Charlie-Chaplin-Imitatoren.
Es ist fast unmöglich, sich nicht in den tausenden von Videos aus fünf Jahrzehnten zu verlieren. Yamelo überrascht, unterhält und unterrichtet: Nirgendwo sonst lässt sich besser die These überprüfen, dass ein Jahrzehnt in Sachen Mode nicht dem kalendarischen Jahrzehnt entspricht: Die „typischen 80er“ beginnen zum Beispiel so richtig erst 1983 (Pat Benatar „Love Is A Battlefield“, Eurythmics „Love Is A Stranger“ etc.), und ihre Ausläufer reichen bis weit in die 90er-Jahre (Man vergleiche den Beat von En Vogues „Free Your Mind“ von 1992 mit dem von Robbie Nevils 1987er Hit „C’est La Vie“). Auch Experimentelles hat seinen Platz – das in Japan im Oktober 1993 archivierte Video, bei dem auf dem Teaserbild eine Puppe zu sehen ist, der eine Stange im Kopf steckt, ist nur Menschen mit starken Nerven zu empfehlen. Jeder allerdings sollte „Gimme Dat Banana“ von Black Gorilla gesehen haben – offenbar ein großer Hit im September 1977 in England.