10 Mode-Erscheinungen der letzten 55 Jahre, an die wir uns (un-)gerne zurückerinnern
In 55 Jahren wechseln nicht bloß Generationen und Gesellschaftsformen: Wir schauen auf (zu Recht) verflossene Moden.
Look at me! Äußerlichkeiten im Pop sind (fast) genauso wichtig wie Sounds und Lyrics. In 55 Jahren ist einiges zusammengekommen an schrillen, skandalösen, irren, wegweisenden Looks und Styles. Diese zehn Beispiele haben sich besonders in unsere Hirne gebrannt.
1. Kiss und ihre Space-Diva-Kostüme
Sie stechen aus der visuellen craziness der Glamrock-Ära nicht allein wegen ihrer Cartoon-Make-ups hervor, sondern wegen ihrer larger than life Space-Diva-Kostüme. Die stammten von dem etwas in Vergessenheit geratenen New Yorker Modedesigner Larry LeGaspi. Er kleidete in den Siebzigern auch Labelle („Lady Marmalade“) und Grace Jones ein.
2. Der Plüsch von Parliament-Funkadelic
Der Sound von Parliament-Funkadelic wäre nur halb so psychedelisch und trippy gewesen, hätten George Clinton und seine Gang nicht vor ihren Auftritten den Fundus geplündert. Zebra-Schlapphüte, Plüsch, bunte Haare, Glitzerperücken, hautenge Flickenjeans: Willkommen in der sexuell vermutlich sehr freizügigen Hippie-Vaudeville-Sesamstraße.
3. Prince mit Heels
Er war klein, seine High-Heels hatten im wahrsten Sinne eine uplifting Funktion. Sie integrierten sich in einen selbstbewusst femininen, violetten, samtig-plüschigen Kleidungsstil, den Prince auch immer weiterentwickelte – in den Neunzigerjahren zum Beispiel mit einer Fetisch-Polizeimütze mit Kettenvorhang vor dem Gesicht und einem goldenen Pistolenmikrofon.
4. Der avantgardistische Stil von Klaus Nomi
Der deutsche Sänger Klaus Nomi schockfrostete die Popwelt 1981 mit seinem „Cold Song“, basierend auf einer Barock-Arie von Henry Purcell. Der unvergessliche Look dazu: Inspiriert von den Figurinen, die der mit dem Bauhaus verbundene Künstler Oskar Schlemmer in den 1910er-Jahren für sein „Triadisches Ballett“ entwarf.
5. Sven Väth mit Plateau-Sneaker-Boots
Der Rave-Boom der Neunziger weckt Erinnerungen an Marushas grüne Augenbrauen. Noch prägender aber war der hedonistische DJ Sven Väth. Der trug – wie schon auf dem Cover seiner Single „L’Esperanza“ von 1994 – Plateau-Sneaker-Boots, maßangefertigt in New York, bevor dann Buffalo ähnliche Monsterschuhe auf den Massenmarkt für die Love Parade brachte.
6. Missy Elliott = outlandish
Das englische Adjektiv outlandish passt zu den Looks, die Missy Elliott 1997 zur Zeit ihres Hits „The Rain (Supa Dupa Fly)“ trug. Der aufblasbare Vinyl-Ballon, in dem sie steckt, weckt in Kombination mit der helmartigen Kraken-Sonnenbrillen den Eindruck, als hätten sich ein strassfunkelndes Meerestier und ein schwarzes Michelin-Männchen gekreuzt.
7. Aphex Twin manifestierten Form- und Wandelbarkeit
Wer hat Angst vor Deepfake-Porn? Richard D. James alias Aphex Twin nicht. Er ließ schon 1999 seine debil grinsende Visage auf die Körper von drallbusigen Striptänzerinnen rechnen – im legendären „Windowlicker“-Video. Die Message des Looks: Im digitalen Zeitalter ist wirklich alles form- und wandelbar.
8. Die Kunst-Björk
Sie wandelte sich 1999 im „All Is Full Of Love“-Video zum Roboter, der Sex mit sich selbst, beziehungsweise mit einem identischen Modell hat. Auch hier wies der Look in die Zukunft: Dating und Sex werden immer digitaler. Wie das „Windowlicker“-Video wurde auch dieses ikonische Musikvideo von Chris Cunningham realisiert.
9. Fleischbeschau bei Lady Gaga
Sie lieferte 2010 mit ihrem legendären „Meat Dress“ den endfinalen Schlusskommentar auf die Objektifizierung von weiblichen Körpern in der Popkultur: „Wenn ihr mich behandelt wie Fleisch, dann gebe ich euch: FLEISCH!“ Besonders reizend: das rohe Steak als Faszinator auf dem Kopf.
10. Billie Eilish
Es fing mit einem ausgezogenen Tomboy an, wir enden mit einem sehr angezogenen Tomboy: Billie Eilish kommentiert mit ihren extra-loose fits und doppelt und dreifach gelayerten Skaterboy-Outfits letztlich auch die Zurschaustellung des weiblichen Körpers im Pop. Nur eben auf ihre Art. Einen neuen Peak erreichte ihr cooler Schlabberstyle 2024 im Video zur Leck-Hymne „Lunch“.
PS: Die 55 Jahre kommen nicht von ungefähr: Wir feiern aktuell unseren 55. Geburtstag! Wer mehr dazu (wie auch unseren Lieblingsalben) lesen möchte – der aktuelle MUSIKEXPRESS ist seit dem 12. Juli am Kiosk zu haben.