Schmähgedicht: Staatsanwaltschaft stellt Verfahren ein, weil man Böhmermann nicht ernst nehmen kann


Erdogan stellt sich in der Türkei zwar gerade über das Gesetz, in Deutschland schieben die Richter ihm aber einen Riegel vor.

Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen Jan Böhmermann eingestellt. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hatte Böhmermann nach § 103 StGB angezeigt, weil er in dessen Schmähgedicht den Tatbestand der Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten erfüllt sah, der nach deutschem Recht strafbar ist.

Zu einem Strafverfahren wird es nun jedoch nicht kommen, weil die Staatsanwaltschaft Mainz eine Strafbarkeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisen konnte. Dies gab sie in einer Pressemitteilung bekannt. Vor allem sei ein Beleidigungsvorsatz von Böhmermann nicht belegbar.

Außerdem ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft fraglich, ob überhaupt die Tatbestandsmerkmale einer Beleidigung erfüllt sind. Dazu müsste Böhmermann Tatsachenbehauptungen aufgestellt haben. Weil es sich jedoch um einen satirischen Beitrag gehandelt hatte, bestehen schon Zweifel, dass Böhmermann dem türkischen Präsidenten wirklich unterstellt hat, dass er beispielsweise regelmäßigen Geschlechtsverkehr mit Ziegen hat. Des Weiteren kann die Staatsanwaltschaft nicht feststellen, ob eine „ernsthafte Herabwürdigung der Person“ bestehe. Böhmermann habe „sich dahingehend eingelassen, es sei ihm an einer derart übertriebenen und von der konkreten Person abgelösten Darstellung gelegen gewesen, dass die fehlende Ernstlichkeit und das Fehlen eines ernst gemeinten Bezuges zur persönlichen Ehre der Person jedem Hörer unmittelbar erkennbar sein sollten und sofort klar werde, dass es sich um einen Witz oder Unsinn handele.“ Das Gedicht liege außerdem im Schutzbereich des Grundgesetz-Artikels 5 Absatz 3, der die Kunstfreiheit sichert.

Oder, um es in einfachen Worten zu formulieren:

Kein Mensch kann ersthaft davon ausgehen, dass Böhmermann wirklich denkt, Erdogan sei homosexuell, und penetriere außerdem Ziegen mit seinem außergewöhnlich kleinen Geschlechtsteil. Nicht einmal Staatsbeamte sind so naiv.

Am 3. November findet dennoch die Anhörung im Privatverfahren statt. Die Stellungnahme und Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft dürfte diesbezüglich aber richtungsweisend sein. Um es ganz simpel zu formulieren: Es steht 2:1 für Böhmermann, wir befinden uns in der Nachspielzeit und der Moderator hat gerade einen Elfmeter vom Schiri bekommen.