Tool
10,000 Days
Wieder statten die alternativen Prog-Metaller einen schwarzen Monolithen in den Raum, so mächtig wie einst bei Kubrick. Ein Song beginnt mit einem Gesangsintro. was schon ein Novum darstellt. Potzblitz. denkt man, Herr Keenan kann sogar wie eine Frau klingen. Was die nicht alles können. Doch wo andere „Streber!“ und „Punks not dead!“ brüllen, sag‘ ich: Ich hör‘ mir das Ergebnis ganz gerne an, wenn sich jemand über viele Jahre nicht nur mit Musik beschäftigt, sondern sie auch gepaukt hat. Vorausgesetzt, es hat Seele und lebt. Und wie das lebt. Das neue Album der Wahl-Kalifornier ist eine weitere logische Folge ihres musikalischen Selbsterfahrungstrips: Es wird einfach alles immer exzessiver – härter, sanfter, mächtiger, finsterer, psychedelischer, ausgecheckter, verspielter. Sogar eine Exkursion in Breakbeat-Gefilde gibt es. Griffige und klassisch gestrickte Songs wie „Stinkfist“ wird es wohl nie mehr geben. Manche fühlen sich an wie 20-Minüter, vielleicht sind sie es auch. Doch taucht man nur zu bereitwillig ein in eine grotesk-opulente Song-Architektur, wo trotzdem jeder Krummbeat und jedes Gitarrensolo seinen Sinn hat, auch wenn man das nicht gleich erkennt (Adam Jones spielt sehr untypische Soli, der schwebt eher im Raum, und er hat sich eine Talkbox besorgt]. Die Muster, die bei allem Nonkonformismus noch auf Lateralus zu finden waren, scheinen sich immer weiter aufzulösen. Es wird viele Umläule benötigen, um diesen Wahnwitz überhaupt erst mal ordnen zu können im eigenen Kopf. Doch ist diese Zeit der Entdeckung eigentlich die schönste.