The Rolling Stones – A Bigger Bang

Was darf man überhaupt von einem neuen Stones-Album erwarten? Schließlich sind die Herren seit 43 Jahren im Geschäft, mittlerweile im Rentenalter, gesundheitlich leicht lädiert und seit 1997 ohne neues Produkt. Aber – Überraschung – sie bringen es immer noch. Zumindest, wenn es um den bewährten Stiefel aus Blues, Rock und Pop geht, den sie in den immer gleichen Varianten servieren: straight und rockig, als Midtempo und schmachtende Ballade. Natürlich mit den üblichen Zutaten: Schrammelgitarre, hölzerne Drums und Jaggers Nölgesang. So könnte das von Don Was betreute Werk auch jeden anderen Titel tragen bzw. aus jeder Epoche stammen. Mit kleinen Unterschieden: 16 Songs am Stück haben sie zuletzt auf Exile On Main St. abgeliefert – damals waren es 18. Und: So frech, frisch und vor allem vielseitig klangen sie seit Tattoo you nicht mehr. Obwohl: Es ist natürlich auch nichts Neues – eher der Jack-Daniels-konservierte Status quo. Denn bei jedem Stück lassen sich Querverweise zu früheren Ergüssen ziehen. So bemüht „Let Me Down Slow“ das „Brown Sugar „-Riff, „Rain Falls Down “ erinnert an den „Hadern Shuffle“ und „Oh No Not You Again “ an „When The Whip Comes Down“, Alles 1.000 Mal gehört. Weshalb die Songs immer dann am stärksten sind, wenn sie sich von allzu vertrauten Bahnen lösen. Und das sind Leider nur wenige. Etwa das trockene „Back Of My Hand , in dem sich die vier als veritable Blueser outen – und Jagger einen brauchbaren Harmonika-Spieler gibt. Absolutes Highlight ist jedoch die Soloeinlage von Keith Richards. In „This Place Is Empty“ besingt er die primären Geschlechtsmerkmale von Gattin Patti Hansen: „Come on honey, bare your breasts and make me feel at home.“ Das hat Klasse, zumal der Reibeisengesang echte Leidenschaft transportiert. Genau wie „Sweet Neo Con“. Eigentlich ein durchschnittlicher Rocker, aber mit dem provokantesten Text seit „Street Fighting Man“: „You say that you’re a patriot. I think you re a crock of shit. “ Wie erste Reaktionen aus den USA zeigen, sind Mr. Bush und seine Medien-Posse not amused. Was A bigber bang Pluspunkte bringt. Trotzdem ist es letztlich ein typisches Stones-Album – mit wenigen Schwächen, aber auch wenigen Höhepunkten. Nur: Wer hätte wirklich mehr erwartet?

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