Nils Frahm
Late Night Tales
Late Night Tales/RTD VÖ: 11. September 2015
Der Pianist mäandert auf dieser Compilation durch allerlei Popfragmente aus Klassik, Jazz und Elektro.
Man sieht Nils Frahm förmlich vor sich, wie er zu Hause in seinem Wohnzimmer auf dem Boden sitzt und sich mit glasigen Augen durch seine Plattensammlung wühlt: durch nostalgisch-knisternde Balladen und klassische Pianostücke, durch alte Lieben und neue Entdeckungen. Dementsprechend klingt die Compilation, die er für die Late Night Tales-Reihe zusammengestellt hat, wie eine traumwandlerische Reise durch die musikalische Welt des Berliner Komponisten.
Frahms „spätabendliche Geschichten“ streifen durch Neue Musik und Klassik, experimentellen Elektro und Ambient, Jazz und Soul. Er beginnt mit einer eigenen Interpretation, oder besser: Improvisation von John Cages berühmtem stillen Stück „4′33″“. Und mit einem eigenen Stück wird die Musik nach 22 Tracks und Songfragmenten auch wieder enden: einer Pianoversion von „Them“, das er sich aus seinem Soundtrack zu „Victoria“ geliehen hat. Bis dahin verwebt er Four Tet mit Country-Crooner Gene Autrys „You’re The Only Star In My Blue Heaven“, Boards Of Canada mit Vladimir Horowitz und Musik des deutschen Technolabels Rhythm & Sound mit Miles Davis’ „Générique“.
Ohnehin schwebt, pluckert und flirrt alles am Ohr vorbei, als wären die Verbindungslinien immer schon da gewesen und als hätte Frahm sie auf seinem Wohnzimmerboden zu fassen bekommen und für uns sanft gebügelt und gefaltet, damit wir bequem Platz darauf nehmen können. Denn genau das ist es im Grunde, was er hier macht: Er mixt nicht, er faltet die Musik- und Zeitschichten nur über- und ineinander. So lange, bis alles ineinanderfließt wie in einem Traum. Am Ende liest Schauspieler Cillian Murphy eine Kurzgeschichte von Enda Walsh und der Traum endet da, wo er für andere beginnt: mit einer Gutenachtgeschichte.