Metronomy
Love Letters
Because/Warner (VÖ: 07.3.)
Joe Mount führt uns von der Küste ins All und fordert mit Spielfreude und Charme dazu auf, einer der besten Pop-Bands dieser Tage einen Liebesbrief zu schreiben.
Im Zeitalter des „Alles-sofort-Alles-umsonst“ war die Idee sicher gut, aber die Welt nicht mehr bereit. Mit der dafür programmierten App „The Night Sky“ durften wir uns Mitte November den Sternen der Nacht widmen, das Bild des Wassermannes suchen, unsere Smartphones in den Himmel recken und uns dem Stream der Metronomy-Single „I’m Aquarius“ hingeben.
Aquarius, das bedeutet Wassermann im Tierkreiszeichen. Ein solcher zu sein, ist aber keine Voraussetzung, um Song und Album mögen zu dürfen. Das wissen auch die Facebook-Fans von Metronomy: „I’m Virgo, but I’m totally buying the CD“, versprach ein treues Kind des Herbstes vor Kurzem. Denn die Single weiß gleich um all die Stärken der Band, lässt einen mit hinreißenden „Shoop-doo-wahs“ unterlegten, hauchdünnen Elektro-Beat pulsieren, der den Sänger Joe Mount beim Sprechsingen über eine beendete Beziehung begleitet, während er fehlerhafte Sternenkonstellationen anprangert.
Es sind diese subtilen Pop-Momente, die Metronomy auszeichnen. Sie waren nie eine Band, die aufsteht und laut „Hier!“ brüllt. Metronomy war lange überhaupt keine Band. Der Schlafzimmer-Elektro von Chef Joe Mount, zu Beginn etwas spinnend, instrumental und angenehm zickig, bekam mit Album zwei eine Stimme, blieb jedoch hektisch und unfokussiert, tanzte und pogte noch stark im neonfarbenen Nu-Rave-Gewand. Erst mit dem überragenden THE ENGLISH RIVIERA, welches geküsst von den Winden der englischen Küste mit Sex-Appeal und Entschleunigung brillante und von Wortwitz geprägte Ohrwürmer produzierte, traf Mount ins Schwarze, was auch daran lag, dass Metronomy jetzt als vierköpfige Band den Sound breiter aufstellten.
Die Songwriterqualitäten auf dem nun vierten Werk bleiben auf hohem Niveau, beziehen konzeptionell nur anderes Terrain. So verspielt sich die Songs erneut darstellen, so halten sie mehr von melancholischen, getragenen Elementen, was sich vor allem textlich zeigt. „We can try anything / We can say we’ll try anything“, wiederholt Mount in „Call Me“ und bildet sich nicht einmal mehr ein, die Liebe retten zu können, die auf den huschenden Drums des Tracks davongetragen wird.
In vielen Tracks dominiert der typische warme Analog-Sound der Synthesizer, die eher glimmen als lodern und den Unterbau für melancholische Songs wie „Monstrous“ bilden. Stark auch das instrumentale Zwischenspiel „Boy Racers“, welches klingt, als hätte Caribou ein Outtake seiner letzten Platte ins All geschickt, oder die Jahrmarkt-Romanze „Reservoir“ mit tupfendem Beat und Orgel im Gepäck.
Ohne Hits aber kein Metronomy-Album, und dafür lädt sich „Love Letters“ ganz von selbst ein. Zunächst 80 Sekunden lang die gleiche Frage im Kopf. Was will denn dieser Song von uns? Bläser ertönen, unaufgeregt, ziellos. Aber: die Rechnung wieder ohne den Wirt gemacht. Der Wirt, er heißt Anna Prior, ihres Zeichens Schlagzeugerin und weibliche Stimme der Band, und sie schmettert uns unangekündigt das Mantra des Titeltracks entgegen. Ein Upbeat-Glamrock-Pop-Hybrid, irrsinnig catchy und mit dem Herz am rechten Fleck: „And everyday it shows / Inside a book of stamps / To tell you what I’m up to / And just say how I feel.“
In einem aktuellen Interview spricht Joe Mount von zwei weiteren Alben, die er noch in sich hat. Ein paar Liebesbriefe sollten da helfen: Keep on writing loveletters. Und wenn nur drin- steht: „Thank, you Metronomy!“