Madsen

Kompass

Four Music/Sony VÖ: 14.8.2015

Dröhnende Offensichtlichkeit, Alarmismus-Porn und bestürzende Geheimnisarmut prägen das sechste Album von Wendlands bekanntesten Familienrockern.

Das erste Stück des neuen Madsen-Albums trägt den Titel „Sirenen“ und beginnt … mit einer Sirene. Das bringt den Subtilitätsgrad dieser Platte gut auf den Punkt. Und noch ein weiteres Motiv der Band wird so gleich aufgerufen: Alarmismus. Denn wer die anderen wachrütteln will, der kann so falsch nicht sein. Irgendwas läuft schließlich nicht richtig im Staate Merkel, ja, auf der Welt, so heulen die Sirenen und Sebastian Mad­sen peitscht den Hörer auf die Sache ein. Doch auf welche eigentlich?

Eine halbwegs interessante Verortung bleibt nicht nur „Sirenen“ schuldig. Man soll und kann sich die Adressaten ja ohnehin selbst denken: Nazis, Banken, Steuerverschwendungen etc. Also dieser okaye Wutbürgerkanon halt – nicht zu verwechseln mit dem anderen nicht okayen Wutbürgerkanon: Ausländer, Banken, Steuerverschwendungen etc. Doch selbst den okayen möchte man lieber nicht so konkret machen, daher geriert sich das bloße Einpeitschen zum Selbstzweck. Einfach drastische Buzzwords klingeln lassen – „Mord und Totschlag, Menschenhass“, „Wasserwerfer“, „Drohnen“… Irgendwer wird sich schon seine selbstgerechte Post-Teenage-Wut davon abgreifen lassen, wäre doch gelacht. Dennoch bereitet der Kontrast zwischen Dringlichkeit und Plattitüde dem sensiblen Hörer auch schon mal gewisse Schmerzen.

Da Madsen ja auch nicht forever eighteen und grün sind, sondern gestandene Berufsrocker, wirkt das mitunter wie Alarmismus-ploitation, ja, Alarmismus-Porn. Etwas menschlicher kommen dagegen die holprigen Love-Texte oder der latent mackerige Kumpelkult rüber. Die machen zwar auch keinen Spaß, doch die Band wirkt irgendwie mehr bei sich. Die Kulisse von all dem findet sich dabei zugestellt von Gitarrenwänden aus der Kompressorhölle. Warum man als Indie-Punker 2015 so klingen möchte, wie es Accept Anfang der 80er immer versucht haben, wird wohl das Sound-Geheimnis des Zeitgeistes bleiben. Immerhin etwas, denn jedes Geheimnis tut diesem Album der dröhnenden Offensichtlichkeiten gut.