Kobosil

We Grow, You Decline

OstGut Ton/Kompakt VÖ: 29. Januar 2016

Techno, der sich selbst infrage stellt. Das Debütalbum des 24-jährigen Produzenten aus Berlin.

Am liebsten hören wir die mythischen Geschichten vom Werden eines Künstlers, weil wir der normalen Geschichten längst überdrüssig geworden sind. So mythische Geschichten wie die des gebürtigen Berliners Max Kobosil, Jahrgang 1991, zum DJ und Produzenten Kobosil. Von seinem ersten Berghain-Besuch als 18-Jähriger, der nach drei Stunden in der Warteschlange eingelassen wird, bis hin zum Resident-DJ ebenda. Dazwischen: Remixe wie von Barker & Baumeckers „Silo“, eine Handvoll 12-Inches mit düsterem Techno-not-Techno (nach seinem eigenen Label RK etwa „RK1“, nach seinem Geburtsjahr „91“ oder gar „- —–“ benannt), der durch seinen Hang zu Abstraktion und Experiment sich selbst infrage stellt.

Nun also das erste Album von Kobosil, das folgerichtig auf dem Berghain-Label OstGut-Ton veröffentlicht wird. Es trägt den Namen WE GROW, YOU DECLINE – ein vor Selbstsicherheit nur so strotzender Albumtitel, der allerdings in jedem einzelnen Ton seine Rechtfertigung findet. Es ist ultra-düsterer Techno, perfekt für den Mainfloor des Berghain, aber ge­spickt mit Einflüssen, die weit über das Techno-Raster hinausgehen.

Vor allem die Vorstöße in die neue Avantgarde machen Kobosils Tracks zu etwas Besonderem. „The Exploring Mountain“ etwa in seinem fundamentalen Minimalismus aus Kickdrum, Gongs und undefinierbaren Percussions, kann ebenso als Kommentar zu den letzten Ausläufern von Techno gedeutet werden wie als Statement zur experimentellen elektronischen Avantgarde. Oder „Eihwaz“, das als düstere Soundmalerei komplett auf den Beat verzichtet. Oder der Dark-Ambient-Track „While The Stars Be Not Darkened“.

Kobosil bleibt hübsch uneindeutig, was die Kategorisierung seiner Musik betrifft, und das macht ihn per se zu einer Ausnahmeerscheinung. Ein früher Höhepunkt im noch jungen Jahr.