Karies

Es geht sich aus

This Charming Man/Cargo

Das nächste Sensationsalbum aus dem sich langsam, aber sicher zum deutschen Seattle der frühen 90er-Jahre mausernden Stuttgart: weltschmerzender Postpunk.

Das zweite Album von Karies vereint vieles in sich. Da wären die Arbeiten Steve Albinis und seiner Band Shellac, ebenso wie der amerikanische No-Wave-Sound und das bleierne des britischen Postpunks. Es wirkt, als würden Sonic Youth und Bauhaus dicht gedrängt nebeneinander stehen, um gemeinsam durch ein eingeschlagenes Fenster zu blinzeln.

Im Titelsong von ES GEHT SICH AUS wird ein Kniff deutlich, den die Stuttgarter kultiviert haben: Der stoische Basslauf absorbiert die anschwellenden Dissonanzen und sorgt damit für ein düster-sperriges Hörerlebnis. Neben dem stets rissig wie ein altes Gummiband wirkenden Sound sind es die minimalistischen Texte, die ES GEHT SICH AUS ausmachen.

Wenn Sänger Benjamin Schröter in „Ostalb“ immer wieder das Wort „Fernsehflimmern“ haucht, dann malt er damit das passende Bild zur Musik: Sendeschluss. Weißes Rauschen aus der Glotze. Man verliert sich in diesem Strudel aus Klängen wie im Ameisenkrieg eines Röhren-TVs. Auch bei diesem Album haben Produzent Ralv Milberg und Die Nerven ihre Finger im Spiel. Nerven-Drummer Kevin Kuhn ist auf sämtlichen elf Songs der in Milbergs Studio aufgenommenen Platte am Kit zu hören. Die so spielverändernde schwäbische Musikszene, sie bleibt unter sich.