Ein Hologramm für den König :: Regie: Tom Tykwer
Lost in Translation: Tom Tykwer und Tom Hanks begeben sich als Fremde in ein fremdes Land.
Es bleibt spannend, wenn Tom Tykwer neue Filme dreht. Als einziger der deutschen Autorenfilmer ist es ihm gelungen, sich auch international so gut zu vernetzen, dass er Zugriff auf die Stoffe namhafter Autoren und auf Darsteller aus Hollywoods A‑Riege hat. Tom Hanks beispielsweise war von der Arbeit mit Tykwer an dem wild halluzinierenden Science-Fiction-Wahnsinn „Der Wolkenatlas“ so angetan, dass er sofort wieder mit dem gebürtigen Wuppertaler arbeiten wollte, der im vergangenen Jahr 50 Jahre alt wurde. Mit dem Schriftsteller Dave Eggers wiederum, der aktuell mit „Der Circle“ hohe Wellen schlägt, verbindet Tykwer die Zusammenarbeit an dem allerdings gescheiterten „Weit gegangen“, was ihm den Zugriff auf den Roman „Ein Hologramm für den König“ ermöglichte.
Das Ergebnis ist eine neue Art von Tykwer-Film: Erstmals schimmert eine Leichtigkeit in den gewohnt perfekt kadrierten und penibel durchdachten Bildkompositionen durch, eine Verspieltheit, die der Stoff natürlich auch erfordert, weil es sich um eine Komödie handelt. Es ist die Geschichte eines Geschäftsmanns der Old Economy, der nicht zum alten Eisen gehören will und sich deshalb auf das Abenteuer seines Lebens einlässt: Für eine IT-Firma reist er nach Saudi-Arabien, wo er einem Team vorstehen soll, das den Auftrag erhält, für den König mitten in der Wüste ein revolutionäres holografisches Telekonferenzsystem zu errichten. Das weckt Erinnerungen an „Lost In Translation“, und natürlich muss man an all die anderen Filme der jüngeren Zeit denken, in denen Männer mittleren Alters in der Fremde gezwungen sind, Lebensinventur zu machen und sich mit der emotionalen Leere nach Jahren des Schuftens und Plackens zu konfrontieren: „Ausgerechnet Sibirien“, „Zugvögel …“, „Highway To Hellas“.
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Aber Tykwers Film bietet nicht nur ein Mehr an Unterhaltung und filmischer Brillanz, sondern verortet sich auch in einem politisch und gesellschaftlich komplexeren Koordinatensystem. Die persönliche Tragödie der klassischen Jack-Lemmon-Figur wird an der Krake Globalisierung gespiegelt, die sich in einem „Warten auf Godot“-Szenario ausdrückt: Denn der König, ohne den es nicht vorangeht und auf den man wartet – kommt nicht. Hier liegt die tatsächliche Brillanz des bezaubernd melancholischen Films: Wie findet man sein persönliches Glück, wenn das Geschäft gerade zum Teufel geht? Der Traum vom Anfang des Films, als Hanks sich als Protagonist in das Talking-Heads-Video von „Once In A Lifetime“ fantasiert, geht auf wundersame Weise tatsächlich in Erfüllung.
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