Wolf Alice
My Love Is Cool
Dirty Hit Records/Caroline/Universal
Das ersehnte Debütalbum der Blog-Lieblinge schielt eindeutig in Richtung Stadion-Rock.
Supportshows für die Manic Street Preachers und Alt-J, Slots beim Glastonbury und Lollapalooza, Vergleiche mit Elastica und Hole – eine ziemliche Hypothek, die Wolf Alice angesichts des Releases ihres Debüts MY LOVE IS COOL mit sich tragen. Da greifen die marktüblichen Abwehrmechanismen, und man diktiert dem „NME“, dass das Album natürlich alle überraschen und vollkommen anders als alles bisher Bekannte klingen wird. Verständlich, möchte sich das Quartett um Ellie Rowsell nicht dem Schubladendenken einfältiger Journalisten hingeben.
Die Singles „Fluffy“ und „Bros“ hatten die Londoner in die miefige Grunge-Ecke gestellt. Diese beiden Lieder haben es im Übrigen auch auf die Debüt-Platte geschafft, offensichtlich, um den Fans Anhaltspunkte zu bieten. Doch MY LOVE IS COOL ist mehr als eine angegrungte Rock-Platte geworden. Das liegt vor allem an den überraschenden, weil zurückhaltenden Liedern wie „Silk“. Da wird im Midtempo geschunkelt, bevor in Songs wie „Giant Peach“ („one of the best things we’ve recorded“, wie die Band sagt) wieder geradeaus gerockt und Courtney-Love-like gekreischt wird. Wie einfach es heutzutage zu Vergleichen kommen kann, wird hieran deutlich. Eine britische „female fronted“ Rockband – schon ist die Parallele zu Elastica gezogen. Eine Sängerin, die nicht nur verführerisch hauchend singen kann, sondern auch gern mal hysterisch schreit, schon fällt der Name Courtney Love. Das mag den Kern der Sache treffen, ist jedoch auch ziemlich oberflächlich gedacht. Denn, je länger man sich mit Wolf Alice und MY LOVE IS COOL beschäftigt, desto weniger Assoziationen kommen mit diesen beiden großen Girl-Rockbands der 90er-Jahre auf. Dass dieses Album nicht für kleine, schwitzige Clubs, sondern für Arenen und Open-Air-Veranstaltungen geschrieben worden ist, wird besonders bei „Your Loves Whore“ deutlich: Während der Song zu Beginn noch mit tollen Breaks begeistert, entwickelt er sich nach hinten hin zu einem Breitband-Rock-Monster, perfekt zur Untermalung eines jeden Prom-Night-Films.
Massenware, die dazu führt, dass viele Songs erst gar nicht im Gedächtnis bleiben („You’re A Germ“, „Lisbon“ – ziemlich egal). Highlight des Albums ist „Freazy“, dieser kurzweilige Dreiminüter, der beweist, dass in Wolf Alice eine klasse Pop-Band steckt. Auch hier wird nicht das große Riff, sondern das kluge Arrangement bevorzugt. Fünf Jahre haben sich die Hype-verwöhnten Briten für dieses Debüt Zeit gelassen. Fünf Jahre, in denen Bands wie Mumford & Sons und Alt-J zu den größten Acts des Planeten gewachsen sind. Mit MY LOVE IS COOL haben Wolf Alice das Potenzial, diese fünf Jahre wett zu machen und ebenfalls zu einer ganz großen Nummer zu werden. Dass sich das Album in vielen Momenten beim Mainstream anbiedert, wird sicher nicht kontraproduktiv sein für den weiteren Erfolg dieser Band.