Stars

No One Is Lost

ATO/[PIAS] Coop/Rough Trade

Gute Zeiten, schlechte Zeiten: Der Synthie-Indie-Pop will es sich gut gehen lassen, landet aber doch bei der Melancholie.

Der synthetische Indiepop der kanadischen Stars war nie cool, wollte nie cool sein. Seinem Namen wollte das Quintett nie gerecht werden. Auch wenn es vor zehn Jahren, als die Singles von Set Yourself on Fire im Uniradio liefen und es begeisterte Kritiken hagelte, kurz danach aussah, als würde die Welt die Band ungefragt zu Stars machen. Passierte dann doch nicht. Egal.

Die Stars bestehen aus gewöhnlichen Typen, keiner steht im Verdacht, eines Tages als Model für eine H & M-Kampagne ausgewählt zu werden. Heute schon gar nicht mehr, man ist jenseits der 40, es geht um andere Dinge. Zum Beispiel um die Gewissheit, dass dies gerade die guten Jahre sind. Die sechs Alben zuvor wurden von Krisen, Ängsten und Trennungen geprägt, sogar der Tod der Eltern war Thema. Vor NO ONE IS LOST hat sich die Band nun gesagt: Es geht uns gut, mal sehen, was sich daraus machen lässt. Man weiß: Geht es dem Künstler zu gut, sucht sich die Muse ein anderes Opfer. Es dauert dann auch ein bisschen, bis man ins Album findet.

Der handgemachte Disco-Pop der ersten Tracks wirkt unbeholfen. Viel besser ist das trotzige „Turn It Up“ mit Kinderchor, Bläsern und Streichern, auch Amy Millans sphärisch-schwelgerische Komposition „No Better Place“ funktioniert. Ihr Gesangskollege Torquil Campbell hält direkt mit dem epischen „What Is To Be Done?“ dagegen, und langsam, aber sicher dämmert es, wie Stars das mit den besten Jahren meinen: Gut ist auf Erden, was bald ein Ende finden wird.

Die Band hat das bei den Aufnahmen in doppelter Hinsicht zu spüren bekommen: Erst wurde bei ihrem Manager eine Krebserkrankung diagnostiziert, dann machte ihre Stammkneipe „The Royal Phoenix“ dicht. Da steht man nun rum, mit Angst um einen Freund und ohne was zu trinken. NO ONE IS LOST? Bittere Ironie.