Manic Street Preachers
Rewind The Film
Columbia/Sony Music
Die erste von zwei neuen Platten, melodieselig wie selten und politisch wie immer.
Ein „paar Jahre“ Auszeit wollte sich das Trio nach Postcards From A Young Man gönnen, und es wurden dann nicht nur genau zwei Jahre, sondern auch gleich zwei Alben, die gleichzeitig aufgenommen wurden. Das „härtere“ der beiden ist für 2014 angekündigt, das „ akustische“ liegt vor und klingt sooo akustisch nun auch nicht. Gut, eine elektrische Gitarre erklingt nur im hymnischen „3 Ways To See Despair“, aber auch die übrigen Titel entwickeln genug Wucht – wofür gibt’s mehrstrahlige Bläsersätze und all die vielen Tonspuren, mit denen akustische Gitarren aufgetürmt werden können? Trotzdem beginnt man die Gitarre vom Anfang und damit die typisch instrumentierten „Manics“ zu vermissen. Nichts gegen das Songwriting, das hier klar und melodiös im Vordergrund steht. Dafür, nicht für den Lärm, darf man sie lieben. So ist etwa das Titelstück, größtenteils gecroont von Britpop-Legende Richard Hawley und gekonnt gekontert von James Dean Bradfields druckvollerem Organ, eine Liebeserklärung an die verflossene walisische Bergbauindustrie – und damit ein weiterer Schmähsong auf die inzwischen ebenfalls selige Radikalprivatisiererin Margaret Thatcher. Die Band setzt mit ihrem Protest auf Folk und klingt stellenweise so konventionell rural wie Fairport Convention; später wird sogar der Woody Guthrie der Dust-Bowl-Ballads-Ära zitiert. Musikalisch bleibt das süffig bis aufregend. Die Manics minus ihre Wut, das ist purer Pop. Was aber aus den gefälligen Kompositionen allzu gefällige macht, ist die dezidiert linke Gesellschaftskritik mit den sentimentalen Beschwörungen besserer Zeiten. Ästhetisch wie inhaltlich ist Rewind The Film einer Nostalgie verhaftet, die sich ihrer Tränen nicht schämt und deshalb zu oft die Grenze zum Kitsch überschreitet.