Der Patient Indie-Rock mag tot sein, aber die Notoperation des kanadischen Quartetts ist sehr gelungen.

Vielleicht ist ja das kanadische Gesundheitssystem schuld. Auf jeden Fall macht man sich Sorgen, wenn man „Powers Of Ten“ hört, den Einstieg zum zweiten Suuns-Album. Hier klingt die Stimme von Ben Shemie, als wäre die Entfernung seiner Polypen medizinisch dringend angezeigt. Die HNO-Behandlung des Sängers bleibt aus, aber das Quartett aus Montreal setzt noch einen drauf auf seinen grandiosen Erstling ZEROES QC und operiert den Indie-Rock am offenen Herzen. Mit am OP-Tisch: Assistenzarzt Postrock und Anästhesist Krautrock. Ob im bösartig grummelnden Atonal-Exkurs „2020“ oder im bedrückenden „Edie’s Dream“, das fast nur aus einer kaum zwei Töne benötigenden Bass-Melodie besteht: Immer gelingt es Suuns, der klassischen Besetzung und den alten Strukturen neue Ideen abzugewinnen. Mal ist es ein verschlepptes Tempo, mal ein vergessener Refrain oder die irritierend lange aufrechterhaltende Monotonie: Immer bekommt man das Gefühl, dass hier nicht einfach nur Altbekanntes rekapituliert, sondern nach vorne gedacht wird.