„Kompimismus“ – eine neue Religion im Zeichen des Filesharings
In Schweden wurde der "Kompimismus" als Religionsgemeinschaft anerkannt, eine Gemeinschaft, die das Kopieren und Teilen von Informationen anbetet. Die Anhänger heißen "Kompimisten" (copy me, kopiere mich), ihre heiligen Symbole sind Ctrl-C und Ctrl-V.
Es ist ein bisschen so, als würde man den täglichen Klogang nach so vielen Jahren der Selbstverständlichkeit zu einem religiösem Ritual stilisieren. Es ist dementsprechend auch ein bisschen so, als hätte man es hier mit dem Scherz eines RTL-Komödianten zu tun. Aber es geht hier um eine anerkannte Religionsgemeinschaft der digitalen Bohème, eine neue Form der digitalen Weltherrschaft.
Das Kopieren und Teilen von Informationen via Internet ist nun quasi ein Kurzbefehl von oben, der im World Wide Web von Jedermann praktiziert wird, aber neuerdings ein religiöser Akt sein kann. Anhänger und Praktizierende schließen sich als „Kompimisten“ der Newcomerreligion „Kompimismus“ an. Und mit zwei Tastaturkombinationen Ctrl-C und Ctrl-V dürfen sie sich zu den Jüngern einer virtuellen Göttlichkeit zählen. Man könnte annehmen: Wenn man die heiligen Symbole Strg-C und Strg-V verwendet, verhalte es sich wie mit den Evangelen zu den Katholiken. Die Wurzeln lägen bei Steve Jobs, aber das müsste man dann in der „Heiligen Schrift“ der Kompimisten nachlesen.
Kompimismus ist eine Bewegung, die bisher lediglich in Schweden als Religionsgemeinschaft anerkannt worden ist. Isak Gerson, ein 19-Jähriger Philosophiestudent, gründete die Gemeinschaft und bezeichnet sich als „spirituellen Führer“ derjenigen, die das Filesharing irgendwo zwischen Himmel und Erde, zwischen „Copy“ und „Paste“ ansiedeln.
Die „Missionerande Kopimistamfundet“ wurde bereits 2010 von einem schwedischen Piratenparteimitglied gegründet. Zweimal wurde die religiöse Anerkennung nicht ermöglicht, jetzt aber hat Schweden genug Nachweise dafür, dass das Kopieren und Teilen von Informationen ein digitaler Akt der Nächstenliebe ist. Denn mit dieser Form der Verbreitung von beispielsweise Musik, würde man dem Urheber Respekt und Anerkennung entgegenbringen. Gerson möchte eine Liberalisierung des Urheberrechts erreichen – die Ausrichtung als Religionsgemeinschaft würde also auch politisch Einfluss nehmen wollen. Die Gruppierung sei aber nicht von der Piratenpartei finanziert, ihr Budget betrage „null“. Bisher hat die Gemeinschaft 3000 Mitglieder, diese Zahl soll natürlich mit der offiziellen Anerkennung schnell in die Höhe gepeitscht werden.
War es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, bis man mit jedem geteilten Musikvideo eine staatlich anerkannte gute Tat vollbringt? Ist es der Gipfel der digitalen Verdummung, eine Tastenkombination anzubeten? Oder ist es längst fällig, dem Filesharing den Heiligenschein aufzusetzten?
Wer auch immer es ist, wenn nicht wir selbst: Er teilte den File und reichte ihn seinen virtuellen Freunden. Und egal, was die anderen denken und glauben – ich glaube an „Copy & Paste“, den Kurzbefehl, den Allmächtigen, den Schöpfer der digitalen Nächstenliebe und der Kompimisten. Enter.