Interview mit Adele: ‚Ich hatte Angst vor Robert Smith‘


Oben in den Hitparaden, eine ausverkaufte Tournee, Liebling des Feuilletons: Adele alias Laurie Blue Adkins räumt mit ihrem zweiten Album "21" ab. Erster Teil unseres Gesprächs über Produzent Rick Rubin, The Cure-Sänger Robert Smith, Sarah Palin und den Extensions von Duffy.

Ihr erstes Album 19 stand weltweit oben in den Charts. Es wurden mehr als 2,2 Millionen Einheiten verkauft. Wie geht man mit so etwas um?

Das war wirklich ein Schock! Und um ehrlich zu sein: Mir war das bis vor Kurzem gar nicht bewusst. Denn natürlich hat mir das niemand gesagt – bis ich die Endabrechnung für das Album bekam. Ich habe damals einen Vertrag über zehn Cent abgeschlossen. Das meine ich jetzt nicht wörtlich, aber es war eben kein richtig großer Deal. Es gab keinen Krieg zwischen irgendwelchen Labels oder so was. Ich hatte allenfalls erwartet, dass es eine Underground-Sache wird und sich auf den Großraum London beschränkt. Chasing Pavements hatte ich zu dem Zeitpunkt noch gar nicht geschrieben. Das ist erst entstanden, nachdem man mir Vorschläge gemacht hat, mit wem ich arbeiten könnte – und der Name Mark Ronson auftauchte. Da habe ich schnell etwas komponiert, von dem ich dachte, dass es ihm gefällt – und er allein deshalb Interesse haben könnte, mit mir zu arbeiten.

Und was ist dann passiert?

Dann kamen die Brit Awards und all die anderen Veranstaltungen, die es für meinen Geschmack schon viel zu sehr aufgeblasen haben. Obwohl: Ich habe seit meinem fünften Lebensjahr davon geträumt, irgendwann einen Brit Award zu gewinnen. Ich stand mit einer Dose Haarspray, die den Award darstellen sollte, vor dem Spiegel und hielt verschiedene Dankesreden. Aber man darf nicht vergessen, wie lange es in anderen Ländern gedauert hat. Amerika lief schleppend. Ich bin durch winzige Hallen getourt – mit ganz kleinem Budget und schrecklichen Hotels. Die Interviews waren vor allem mit Bloggern. Meine Songs wurden nie im Mainstream-Radio gespielt. Und MTV hat mich nicht beachtet, bis ich zwei Grammys bekam. Es war ein langsamer Prozess. 

Zwei Jahre später: ein neues Album mit einem anderen Sound. War das beabsichtigt?

Unbedingt! Schon als ich das erste Album promotet habe, war mir klar, dass ich mich definitiv weiterentwickeln wollte. Mehr in Richtung Blues und Gospel. Gleichzeitig sollte es etwas verspielter, frecher und sarkastischer sein. Ohne mich dabei zu weit aus dem Fenster zu lehnen. Denn ich wollte die Fans, die ich gewonnen hatte, ja nicht gleich wieder verlieren.

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Wobei es im Vorfeld hieß, Sie würden mehr in Richtung Country gehen. Letztlich ist es aber nur ein Song, der solche Einflüsse hat, oder?

Ich habe in Interviews einfach zu viel über den einen Country-Song auf dem Album gesprochen. Auf meiner letzten Amerika-Tour hatte ich einen Busfahrer aus Tennessee, der mir all diese Country- und Bluegrass-Sachen vorge­spielt hat. Jede Nacht, während er gefahren ist. Ich bin mit ihm zusammen aufgeblieben, wir haben uns alte und moderne Sachen angehört, er hat mir Geschichten dazu erzählt. Aber mal im Ernst: Können Sie sich vorstellen, dass ich ein Country-Album aufnehmen kann? Mit meinem Akzent? (lacht)

Wobei 21 auch einige „Chasing Pavements“-Momente aufweist. Und sei es nur, weil die Texte erneut von einer unglücklichen Beziehung handeln.

Ja, vor allem „Set Fire To The Rain“ ist ein bisschen wie „Chasing Pavements“, oder? Das liegt an meinem besten Freund, der schwul ist und zu mir meinte: „Wann schreibst du mir endlich eine Schwulenhymne?“ Darauf ich: „Ich werde mich drum kümmern.“ Und dann fiel mir der Titel „Set Fire To The Rain“ ein – schwuler geht es ja kaum. Ich kann mir schon vorstellen, wie die Jungs dazu abtanzen. Ein Riesenspaß!

Gilt das auch für Ihre Version von „Lovesong“? Oder was hat Sie dazu veranlasst, das Stück von The Cure zu covern?

Ich wollte unbedingt eine Coverversion machen. Meine erste Wahl war „Never Tear Us Apart“ von INXS, weil ich den Song liebe. Es war der erste, den ich auf dem Klavier gelernt habe, die Stimme von Michael Hutchence ist großartig. Es gibt einen guten Grund, warum den Song niemand erfolgreich interpretiert hat – niemand kriegt ihn so gut hin wie Hutchence. Es gibt eine Version von mir, die irgendwann veröffentlicht wird. Wahrscheinlich erst in 20 Jahren.

Weil sie so schlecht ist?

Weil ich Rick Rubin gesagt habe, dass ich sie nur ungern verwenden würde. Deshalb haben wir uns nach anderen Optionen umgesehen, und Rick hat mir erzählt, dass er ein Album mit Barbra Streisand produzieren sollte. Aber das ist daran gescheitert, dass sie ausschließlich Coverversionen von Bossa-Nova-Stücken aufnehmen wollte und er und Smokey Hormel, der auf vielen der von ihm betreuten Platten Gitarre spielt, damit nichts anfangen konnten – weil sie keine Beziehung zu dieser Musik haben. Was dann die Frage aufgeworfen hat, was mir am Herzen liegt, wozu ich einen Draht habe. So bin ich auf The Cure gekommen. Das war meine erste Show. Ich war drei oder vier und habe sie mir mit meiner Mutter im Finsbury Park in London angeschaut. Meine Mutter ist ein riesiger Cure-Fan.

Ihre Mum ist ein Goth?

Ja, sie war jahrelang ein Goth – mit allem, was dazugehört. Und ich hatte immer ziemliche Angst vor Robert Smith, weil er aussah wie Edward mit den Scherenhänden. (lacht)

Ist er mit Ihrer Version vertraut?

Keine Ahnung. Aber Rick Rubin und er kennen sich ja ziemlich gut. Ich hoffe, dass es ihm gefällt. Ich wäre am Boden zerstört, wenn das nicht der Fall wäre. Ich meine, Bob Dylan hat meine Fassung von „Make You Feel My Love“ sehr gut gefallen.

Wie ist Rick Rubin eigentlich als Produzent, Mensch und Labelchef?

Einfach toll! Das erste Mal habe ich ihn bei „Saturday Night Live“ getroffen – dem vielleicht wichtigsten Moment in meiner Karriere und vielleicht sogar in meinem Leben. Ich habe ihn dann ein paar Abende vor den Grammys wieder getroffen. Er war so begeistert von meinem Auftritt, dass er auf mich zukam und meinte: „ Ich will dein nächstes Album produzieren.“ Und es war toll, mit ihm im Studio zu sein. Es hat mich daran erinnert, warum ich Musik mache – und warum ich das schon getan habe, ehe es auch nur irgendjemanden interessiert hat. Nämlich, weil ich es liebe. Und mit ihm zu arbeiten bedeutet einfach, in einem Raum zu sitzen und so lange zu jammen, bis dir etwas einfällt, das du magst. Ganz anders als mit vielen anderen Produzenten, die sich erst mal die Top 20 anhören, um da reinzupassen. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich liebe, was in den Charts passiert. Und ich mag etliche der neuen Dance-Sachen, aber das ist nicht das, was ich selbst singen möchte. Denn es würde nicht zu mir passen. Genau wie viele andere Dinge, die heutzutage damit einhergehen, ein Musiker zu sein. Sprich: Drehbücher für Videos, supermodische Klamotten, schrille Haarfarben, Sex mit irgendwelchen angesagten Leuten und all diese Sachen. Das finde ich schrecklich. Deshalb habe ich mich für die Aufnahmen in Malibu regelrecht abgeschottet. Denn Rick wollte nicht, dass ich von einer externen Meinung beeinflusst werde, solange die Songs noch nicht fertig sind.

Aber es gibt doch schlimmere Orte auf der Welt als Malibu, oder?

Na ja, ich muss ehrlich sagen, dass mir Malibu nicht wirklich gefallen hat. Da lebt jeder hinter verschlossenen Toren und dicken Mauern. Und du kannst nichts zu Fuß erreichen, ich saß die ganze Zeit im Auto – zudem bin ich allergisch gegen Sonne. Weshalb mich die Jungs am Strand auch nicht wirklich attraktiv finden – genauso wenig, wie ich sie.

Lesen Sie an dieser Stelle demnächst den zweiten Teil unseres Interviews.