Danger Mouse: The Italian Job


Er hat den Indie-Rap aufgemischt, Damon Albarn ertragen, Iggy Pop produziert und den Mash-Up salonfähig gemacht. Mit seinem neuen Album „Rome“ zeigt der Musiker Brian „Danger Mouse“ Burton sein wahres Gesicht.

Rom war immer schon genau das, was man darin sehen wollte. Das Herz einer stolzen Republik oder der endgültige Schlussstrich unter Recht und Moral. Ein einziger Moloch oder ein einziges Museum, das Grattachecca-Eis am Tiber, ein Erinnerungsfoto vor dem Castel Sant’A ngelo. Eine riesige Projektionsfläche für Sehnsüchte und Nostalgien, ein Mosaik aus Illusionen.

Daniele Luppi geht es da nicht anders. Geboren und aufgewachsen ist er in Venedig, seit Jahren schon wohnt er in Los Angeles, wo er als Produzent von Soundtracks arbeitet. Rom ist für ihn weniger eine Heimat als eine Kulisse. Ein Fantasieort in prächtigem 2D: Er hat sich ihm auf ewig eingebrannt dank Cinecittá, Rai und einer Kindheit vor dem Fernseher. Ein tolles Plauderthema war die Ewige Stadt dennoch, als er 2004 auf diesen Amerikaner traf, Brian, der sich in Rom verliebt hatte, als er die Filmhochschule in Athens, Georgia besuchte. Oder zumindest seine Vorstellung davon: die schrägen Horrorfilme des Giallo, die großen Bullenstreifen der Siebziger, Spaghetti-Western. Ach so, Italiener? Ja ja, ganz famose Stadt. Wissen Sie, ich habe da diese Sammlung … Man lernte sich kennen, schätzen, Rotwein, Platten, Jungsgespräche, mehr Platten. Und irgendwann war klar, dass diese Platten mehr sein müssen als nur willkommenes Samplefutter für gelegentliche Welthits. Das Rückgrat nämlich für einen ausgewachsenen Herrentraum. Für genau das Abenteuer, das die digitale Welt nicht mehr vorsieht. Das nötige Hartgeld war dank der gelegentlichen Welthits auch da. Also: Da fahren wir hin. Genau da hin. Und dann machen wir solche Musik, mit diesem Vibe, diesem Sound und diesen Typen. Crazy.

Die Voraussetzungen sind also klar. Der weltberühmte Produzent Danger Mouse will ein Album in Rom aufnehmen. An Originalschauplätzen wie den ehemaligen Ortophonic Studios. Mit Originalgerätschaften der späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahre. Mit Originalpersonal wie dem treuen Studioquartett I Marc 4 oder dem Chor von Library-Legende Alessandro Alessandroni, I Cantori Moderni. Und natürlich mit seinem langjährigen Freund und Studiopartner Daniele Luppi. Der hatte bereits bei den Danger-Mouse-Projekten Gnarls Barkley und Broken Bells für das analoge Antlitz im digitalen Zeitalter gesorgt. Nun sollte er sich durch die halbe Urbs telefonieren und Rahmenbedingungen reproduzieren, wie sie einst die alten Meister Morricone, Umiliani, Rizzi, Godi, Ortolani, Argento und Bacalov vorfanden. Eine Hommage mit archäo­logischer Akribie.

Umso erstaunlicher ist das Ergebnis. Rome nämlich macht nicht Halt an den Klischees von Schwermut und Eleganz und matt-mediterraner Wärme, aber durchbricht sie auch nicht verzweifelt. Der Sound prägt, aber er dient auch den Songs – besonders dann, wenn wie auf sechs Stücken die Stimmen der Gastsänger Jack White und Norah Jones zu hören sind. Die sind durchaus mit Bedacht gewählt: Der blütenweiße Jazz in Jones’ zerbrechlicher Stimme und Whites zeitgemäß verschwitzter Blues nehmen der Platte das Museale und machen sie zu Pop. Zusammengehalten wird alles stilecht von Motiven und Intermezzi, nach 35 Minuten ist Schluss. Ein Epos, dem alles Epische abgeht. Die Beats dazu kommen stilecht vom Band, doch sie klingen nach heute. Wäre man gemein, könnte man sagen, „Rome“ klingt wie TripHop unter künstlich erschwerten Produktionsbedingungen. Aber wer mag schon gemein sein, wenn die Norah singt und dann noch über solche Streicher?