Ja zu ISIS, nein zu Trump – so wird die vierte Staffel „House of Cards“
„House of Cards" kehrt mit der vierten Staffel wieder zu großer Qualität zurück. Auch, weil auf einen Trump-Verschnitt verzichtet wurde.
Schmusen mit den Toten
Goodwin ahnt all die Sünden aus der Vergangenheit des Präsidenten, kann aber nichts beweisen. Trotzdem wird er zur entscheidenden Figur der ersten Folgen, in denen gleich mehrere Gespenster aus den ersten zwei Staffeln zwar auf arg konstruierten Wegen zurückkehren, dann aber zumindest auch einen wichtigen Handlungsbogen zu den Anfängen der Serie heraufbeschwören.
Die von Kate Mara gespielte Journalistin Zoe Barnes, die bereits in Staffel 2 vor der U-Bahn landete, tritt jetzt in Franks Traumsequenzen auf. Die Fantasien des ergrauten Präsidenten werden zum wiederkehrenden Stilmittel, ersetzen damit größtenteils das Durchbrechen der vierten Wand, das nun seltener vorkommt. In seinem Kopf schleudert Frank Underwood seine Frau quer durch das Zimmer oder liebkost die Menschen, denen er das Leben nahm.
Ein Schauplatz-Highlight für deutsche Zuschauer: Der G7-Gipfel in „House of Cards“ findet in Brandenburg statt
Einige Figuren, die zuletzt an Bedeutung verloren, bekommen neue Storylines, bei den neuen Ensemble-Mitgliedern sticht vor allem Neve Campbell („Scream“) positiv hervor. Ein Schauplatz-Highlight für deutsche Zuschauer: Der G7-Gipfel in „House of Cards“ findet in Brandenburg statt. Und mit dem russischen Präsidenten.
Ansonsten bleibt vieles beim Alten, ist nur wieder ausgewogener inszeniert als in der vorherigen Staffel. Ernsthafte Konkurrenten werden durch Intrigen ausgeschaltet, Parteitrottel kurzfristig befördert und dann wieder abgesägt. Die David-Fincher-Farbpalette verleiht dem moralischen Verfall zuverlässig Sexappeal und immer, wenn Frank Underwoods Pläne zu gut laufen, funken entweder die Russen oder Terroristen im Nahen Osten dazwischen.
Entscheidung für das kleine Übel
Anders als befürchtet, hat die Serie ihren Zenit also noch nicht überschritten. Da braucht es den ganz großen Bezug zu einem Buzz-generierenden Donald Trump als neue Attraktion noch nicht. Die dunklen Hinterzimmer und runtergerockten Journalisten in „House of Cards“ sind zwar bestimmt nicht wichtiger, aber einladender und stilvoller als die Schlammschlachten, die gerade aus dem echten US-Wahlkampf herüberschwappen.Außerdem hat der von den Autoren erdachte republikanische Aufsteiger, den es für die Underwoods zu diffamieren gilt, ähnliches Potenzial zum liebsten Feind wie ein Donald Trump: Will Conway, gespielt von Joel Kinnamen. Der Social-Media-Junkie stellt Videos seiner scheinbar perfekten Familie ins Netz und macht Wahlkampf mit der Unterstützung einer Suchmaschine. Die Amerikaner müssen sich in „House of Cards“ also für das geringere Übel als Präsidenten entscheiden. Womit sich Fiktion und Realität dann doch wieder sehr nahe sind.
Die 4. Staffel „House of Cards“ läuft in den USA seit dem 04. März 2016 auf Netflix. In Deutschland ist sie nur über Sky zu sehen.