7 Konzerterlebnisse, die uns fĂŒr immer im GedĂ€chtnis bleiben
Manche Live-Shows lassen einen auch nach Jahrzehnten nicht los â diese skurrilen und emotionalen Konzert-Momente bleiben dank ihrer Einmaligkeit wohl fĂŒr immer im GedĂ€chtnis.
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Ein Job bei den Beastie Boys

Das war wirklich Publikumsbeteiligung par excellence: Als die Beastie Boys im Oktober 2004 in New Yorks Madison Square Garden auftraten, hatten 50 Zuschauer neben den gĂ€ngigen KonzertbeschĂ€ftigungen Zugucken, Tanzen, Bier holen, Trinken und Rumspringen noch eine weitere Aufgabe. Sie sollten die Performance der Hip-Hop-Band fĂŒr die gesamte Zeit mit Camcordern festhalten. Diese hatten sie im Tausch gegen ihre FĂŒhrerscheine vor der Show ausgehĂ€ndigt bekommen.
Was sie filmten, war eigentlich egal, sollte das Material doch die gesamte Party realistisch abbilden. âSie hatten die Möglichkeit zu filmen, was sie wollten. Sie konnten rumlaufen, reinzoomen, rauszoomen, tanzen oder einfach komplett durchdrehenâ, so Adam Yauch alias MCA ĂŒber die Aktion. Zum Heimspiel in New York war auch ein Auftritt des US-Beatbox-Pioniers Doug E. Fresh vorgesehen, darĂŒber hinaus filmten die privilegierten Bootlegger auch, wie die Beastie Boys fĂŒr âIntergalacticâ die TribĂŒnenplĂ€tze unsicher machten, sich vollends ĂŒberraschte Konzertbesucher zu Rap-Einlagen hinreiĂen lieĂen und somit Protagonisten der mitgefilmten Mega-Sause wurden.
Die Mitschnitte, die im Anschluss zusammengeschnitten den grandiosen Konzertfilm âAwesome; I Fuckinâ Shot That!â ergaben, zeigen eines ganz deutlich: Live hatten die Beastie Boys auch noch Jahre nach ihren halbstarken Zeiten in den Achtzigern die Power, sich selbst zu ĂŒbertreffen. Wer die Chance hatte, die Band vor ihrer Auflösung nach Adam Yauchs Tod zu sehen, darf sich wirklich glĂŒcklich schĂ€tzen.
David Bowies Abschied von Ziggy Stardust

âDies ist nicht nur die letzte Show der Tour, es ist auch die letzte Show, die wir jemals spielen werden â vielen Dank.â Mit diesen Worten zog David Bowie am 3. Juli 1973 im Londoner Hammersmith Odeon den Stecker fĂŒr sein Alter-Ego Ziggy Stardust. Zuvor war er ĂŒber ein Jahr beinahe non-stop getourt und hatte sich zur Glam-Rock-Ikone gemausert, die als Poster in nahezu jedem Jugendzimmer hing.
Bowie reichte es nun: Vor der Zugabe mit âRock And Roll Suicideâ erklĂ€rte der Musiker auch: âDiese Show wird uns am lĂ€ngsten in Erinnerung bleiben.â Das Publikum drehte durch â denn es war nach den Abschiedsworten zu befĂŒrchten, dass David Bowie â egal in welcher Form, Farbe und Gestalt â vielleicht nie mehr auf die BĂŒhne zurĂŒckkehren könnte. TatsĂ€chlich entpuppte es sich als ein weiter Wendepunkt und schon ein Jahr spĂ€ter war Bowie mit dem Album âDiamond Dogsâ und neuer Bandbesatzung zurĂŒck. âMit Ziggy Stardust habe ich einen glaubwĂŒrdigen Plastik-Rock-and-Roll-SĂ€nger geschaffen â viel besser, als es die Monkees je konntenâ, erklĂ€rte der KĂŒnstler in einem spĂ€teren Interview.
Der Abschied von Ziggy Stardust war somit zugleich einer der eindrucksvollsten Live-Momente der Musikgeschichte. Nie wieder habe jemand sein Publikum so im Griff gehabt, wie in jener Nacht, als alle den Atem anhielten, glaubt auch der Regisseur D. A. Pennebaker, der einen Konzertfilm aus der Abschiedsshow machte.
Schlammschlacht mit Green Day beim Woodstock-Festival

Naturverbunden zeigte man sich nicht nur beim legendĂ€ren Woodstock-Festival im Jahr 1969 â noch 25 Jahre spĂ€ter verschmolzen Musiker und Mutter Erde miteinander. Was im Nachgang ĂŒbertrieben poetisch klingt, bedeutete beim Woodstock II im US-Bundesstaat New York nichts anderes als eine riesige Schlammschlacht zwischen Publikum und den Mitgliedern von Green Day. WĂ€hrend ihrer Show musste die Band immer wieder in Deckung gehen, weil ihnen von aufgeputschten Punks der reichlich matschige Festivalboden entgegengeschleudert wurde.
Aber wer hatte mit den StĂ€nkereien angefangen? Das Publikum gleich zu Beginn des nur 35-minĂŒtigen Sets mit âWie gehtâs euch, ihr reichen Motherf**ker?â zu begrĂŒĂen, mag vielleicht nicht jedem gefallen haben. Nach 20 Minuten, in denen sich auch die KameramĂ€nner vor der BĂŒhne bereits in schĂŒtzende Folie hĂŒllen mussten, lieĂ Billie Joe Armstrong sogar die Hosen runter â und zum Beat von âWeâre Not Gonna Take Itâ wurde die Gitarre gegen Dreckklumpen getauscht und zurĂŒckgeschossen.
Das krönende Finale der Anarcho-Show: Bassist Mike Dirnt wurde von einem ĂŒberforderten Security so hart in die Schranken gewiesen, dass er einen Schneidezahn verlor und ein Besuch beim Zahnarzt folgte. Billie Joe Armstrong erinnerte sich spĂ€ter so an den Auftritt: âWoodstock kam meinem VerstĂ€ndnis von Anarchie ziemlich nahe. Ich fand das alles ĂŒberhaupt nicht gut.â Auch seine Mutter habe sich fĂŒr diese im Fernsehen ĂŒbertragene Entgleisung geschĂ€mt. Trotzdem: Das fĂŒnf Monate zuvor veröffentlichte Album âDookieâ hielt sich nicht zuletzt durch das wiederholte Zeigen dieses einzigartigen Moments 113 Wochen in den US-Charts.
LCD Soundsystem nehmen Abschied

Es war ein Abschied, der vielen Fans besonders schwer fiel: James Murphy hatte angekĂŒndigt, sich 2011 mit LCD Soundsystem in den Konzert-Ruhestand zu begeben, um wieder mehr Zeit fĂŒr sein Privatleben zu haben: âIch war sieben von zwölf Monaten im Jahr krank. Eine Keimfabrik mit zu wenig Schlaf, höchstwahrscheinlich verkatert, vollgepumpt mit Antibiotika. Meine Frau sagte: ËDu wirst einfach sterben, ich weiĂ ĂŒberhaupt nicht, warum ich dich geheiratet habe.ââ
FĂŒr die Show im Madison Square Garden sollten die Zuschauer in den Farben Schwarz und/oder WeiĂ erscheinen â ein angemessener Dresscode fĂŒr das BegrĂ€bnis einer ganz besonderen Band, die den Dance-Punk stadiontauglich gemacht hat. âIch hatte erwartet, dass es wirklich traurig wird, aber es war einfach nur purer SpaĂ. Die Energie in der Halle war sehr aufgeladen. UrsprĂŒnglich war eine dreistĂŒndige Show geplant, letztlich spielte man jedoch knappe vier Stunden lang Songs aus zehn Jahren Bandgeschichte, um den Trennungsschmerz so lange wie möglich hinauszuzögern. Es sollte das âbeste BegrĂ€bnis aller Zeitenâ werden â spĂ€testens der Ballonregen am Ende dĂŒrfte dafĂŒr gesorgt haben, dass kein Fan dieses Konzert je vergessen wird.
Und auch wenn sich LCD Soundsystem 2015 unter Gezeter eben jener Fans wieder fĂŒr neue Musik zusammengetan haben, bleibt die Show und der dabei entstandene Konzertfilm âShut Up And Play The Hitsâ wohl einer der besten Live-Momente aller Zeiten.
Oasis in Knebworth

Mit zwei Open-Air-Konzerten in Knebworth katapultierten sich die Oasis-BrĂŒder in den Neunzigern in die Superstar-Liga. Denn als Noel Gallagher dem Publikum sagte: âIhr alle schreibt heute Geschichte!â, hat er nicht ĂŒbertrieben. Insgesamt sahen rund 250.000 Menschen die heute zerstrittenen Britpop-Legenden. Gitarrist Paul âBoneheadâ Arthurs erinnert sich noch genau an die Anreise: âDiese GröĂenordnung werde ich nie vergessen. Wir sind mit dem Helikopter aus London gekommen und haben das GelĂ€nde umflogen, um es auf uns wirken zu lassen.â
Pro Abend sangen 125.000 friedvolle Kehlen Songs wie âWonderwallâ und âDonât Look Back In Angerâ â darunter auch Promis wie Kate Moss und Chris Evans. FĂŒr Noel Gallagher wurde die Besonderheit dieser zwei NĂ€chte aber erst spĂ€ter klar. âOasis war natĂŒrlich eine groĂe Sache damals. Aber wenn ich so darauf zurĂŒckblicke, konnte es nicht gröĂer als das werden. Ich erinnere mich, wie ich im Backstage-Bereich in Knebworth saĂ und mich jemand fragte, was nun noch kommen soll und ich konnte es ihm nicht beantworten. Darunter habe ich ein paar Jahre wirklich gelitten. Was soll man machen, wenn man alles schon erlebt hat? Man versinkt in Langeweile und hat keine Richtung.â
Vielleicht sind es auch jene Erinnerungen, die Noel Gallagher bis heute von einer Reunion abhalten. FĂŒr die Fans, die diesen Live-Moment in den Neunzigern erleben durften, ist er deshalb aber umso wichtiger.
Nirvana: MTV Unplugged in New York

Zu Nirvanas gröĂten StĂ€rken zĂ€hlte die Unverfrorenheit, nicht das zu tun, was das Publikum einforderte. Zum Beispiel: Das bis heute ĂŒberdudelte âSmells Like Teen Spiritâ komplett falsch zu spielen oder es erst gar nicht anzustimmen. Auch beim âMTV Unpluggedâ-Auftritt in New York City entschied sich die Band statt eigener Hits lieber fĂŒr persönliche Lieblingssongs. âWir hatten andere Unplugged-Shows gesehen und mochten nicht viele davon, weil zahlreiche Bands Rock-Shows daraus gemacht haben â ihre Hits auf Akustikinstrumenten gespielt haben, als seien sie im Madison Square Gardenâ, erzĂ€hlte Dave Grohl einst rĂŒckblickend ĂŒber den Auftritt.
Statt eines âGreatest Hitsâ-Konzerts wurde daraus eine Hommage an David Bowie (âThe Man Who Sold The Worldâ), die Meat Puppets (âOh, Meâ,âPlateauâ, âLake Of Fireâ) Lead Belly (âWhere Did You Sleep Last Nightâ) und The Vaselines (âJesus Doesn’t Want Me for a Sunbeamâ). Kurt Cobain soll vor dem Konzert im November 1993 groĂen Respekt gehabt haben, kurz zuvor habe er die Show komplett absagen wollen. Um die Versagensangst zu mildern, sollten bekannte Gesichter in der ersten Reihe sitzen. DarĂŒber hinaus verlieĂ sich Cobain auf Tour-Gitarrist Pat Smear, der die Band bei der Aufzeichnung unterstĂŒtzte.
Trotz des bereits desolaten Zustands des Musikers schrieb der Abend Geschichte: Das Album âMTV Unplugged in New Yorkâ, das ein Jahr spĂ€ter und somit nach dem Tod von Kurt Cobain veröffentlicht wurde, erreichte in elf LĂ€ndern Platz eins der Charts.
The Beatles: Ihr letztes Konzert auf dem Dach

Im Januar 1969 geschah auf dem Dach von Apple Corps Ltd. in London etwas Einzigartiges: The Beatles, eingehĂŒllt in PelzmĂ€ntel, Sakko und Regenjacke, gaben ein Konzert, welches das letzte ihrer gemeinsamen Karriere werden sollte. Der Auftritt war spĂ€ter Teil der Dokumentation âLet It Beâ, in der sich die Band beim Schreiben neuer Songs filmen lieĂ. HauptsĂ€chlich ging es den Musikern jedoch darum, zu den eigenen Wurzeln zurĂŒckzukehren und sich an persönlichen Baustellen abzuarbeiten, die dem BandgefĂŒge zu jener Zeit schadeten â eine Erfahrung, die letztlich in Resignation endete.
Den meisten, die damals zur Mittagszeit zufĂ€llig aus dem Fenster blickten oder am GebĂ€ude vorbeikamen, blieb der unangemeldete Auftritt der Beatles wohl aber in guter Erinnerung. Wer konnte, stieg auf die gegenĂŒberliegenden DĂ€cher, wo auch weitere Kameraleute das Konzert mitfilmten. Insgesamt zwölf Songs, darunter mehrere Versionen von âGet Backâ, âIâve Got A Feelingâ und âDonât Let Me Downâ, waren zu hören, obwohl die KĂ€lte den Musikern zu schaffen machte: WĂ€hrend George Harrison sich zum AufwĂ€rmen der HĂ€nde immer wieder Zigaretten reichen lieĂ, erstarrten John Lennons Finger vom eisigen Wind. Indes hatte die Polizei auf der StraĂe vor dem Beatles-Hauptquartier alle HĂ€nde voll zu tun â Beamte verschafften sich schlieĂlich Zutritt zum Dach und forderten, dass die Band leiser spielen sollte.
Im Film machte es spĂ€ter den Eindruck, als sei das Konzert abgebrochen worden. Nach 42 Minuten endete die spontane Show mit Lennons Worten âIch möchte im Namen der Gruppe und fĂŒr uns alle Danke sagen und ich hoffe, wir haben beim Vorsingen bestanden.â
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